UMGANGSREGELN
: Sarahs Kaffeegeruch

Und keiner sagt: Was trägst du denn da?

Promi sein in Berlin ist prima. Keiner spricht einen wegen eines Autogramms an, kaum einer macht viel Aufhebens darum, dass man irgendwie bekannt ist aus Funk, Fernsehen oder Klatsch. Ich stelle mir das super vor: in der deutschen Hauptstadt mit all ihrer Grandezza und dem Mief, der Szene, der Politik und der Kultur leben und trotzdem normal im Café frühstücken.

Heike Makatsch zum Beispiel. Die saß vor kurzem in einem Biergarten, mit einem Mann und drei sehr, sehr blonden kleinen Kindern. Sie trug ein, gelinde gesagt, spezielles Holzfällerhemd und eine so glatte, platte Frisur, dass man ihr am liebsten sofort durch die Haare gefahren wäre. Tat aber komischerweise niemand. Keiner sagte: Sag mal, was genau trägst du da eigentlich? Und was machst du jetzt so? Sie saß unbehelligt unter einer Masse an Leuten, die verdammt noch mal Besseres zu tun hatten, als sich nach dem Girlie-Wunder vergangener Tage umzudrehen. Maxim Biller sah ich letztes Jahr in einem Bio-Feinkost-Laden-Imbiss in Mitte. Er konnte sich dort in aller Ruhe den Menschen widmen, die er dann in der Post-Beziehungsphase zu Romanfiguren verarbeitet. Jonathan Meese traf ich einmal im Schneegestöber, als er mit irrem Blick und weit offenem Mantel über den Hackeschen Markt lief. Er fiel wirklich nicht auf unter all den anderen seltsamen Gestalten dieser Stadt.

Fast hätte ich die Berliner Regel des Promi-Ignorierens gebrochen. Und zwar bei meinem Hautarzt. Sarah Kuttner kam zur Tür rein, mit einem Kaffee in der Hand und dem erstaunlichen Satz auf den Lippen: „Es ist mir so peinlich, stört das jetzt, wenn ich beim Hautscreening nach Kaffee rieche?“ Sie war, wie ich, zur Untersuchung ihrer Leberflecken auf Krebs gekommen. Sarah, du hier? Bei meinem lustigen schwulen Hautarzt? Ich entschied mich, echte Berlinerin zu sein. Klappe halten, weitermachen. MIRIAM JANKE