Kulturbeutel
Andreas Rüttenauer
: Tolle ZDF-Werbung für
den Fußball und Audi

Normalerweise wird um diese Uhrzeit gestorben. Nächsten Dienstag um kurz nach 18 Uhr wird es Maureen O’Brian erwischen. Die Bestürzung wird groß sein, denn die irische Gastwirtin war populär und ihr Kneipen-Quiz in der ganzen Stadt bekannt. Wie gut, dass es die Soko Köln gibt, die den Fall ganz sicher und rechtzeitig vor Beginn der „heute“-Sendung aufklären wird. Es ist gute Sitte im öffentlich-rechtlichen Fernsehen, jeder Stadt, die sich nicht ausdrücklich dagegen wehrt, mit einem TV-Ermittlerteam auszustatten und das Publikum mit Mord und Totschlag auf die Abendnachrichten vorzubereiten.

Gestern ist nicht gestorben worden. Da lief im Zweiten eine Dauerwerbesendung für einen großen deutschen Automobilhersteller. Ein Clip, in dem der deutschen Fußballmeister FC Bayern München so tut, als spiele er um eine internationale Trophäe. Audi-Cup heißt das Ding. Kein Team hat den Pokal, der in diesem Jahr zum fünften Mal ausgespielt wird, so oft gewonnen wie der gastgebende FC Bayern München. Dem wurden vor dem ersten Anpfiff erneut gute Chancen eingeräumt, den Wettbewerb zu gewinnen, der 2009 vom Fachverband für Sponsoring-Agenturen und Dienstleister e. V. mit dem International Sponsoring Award in der Kategorie Sport ausgezeichnet worden ist. In Zeiten, in denen deutsche Erfolge in internationalen Wettbewerben Mangelware geworden sind, sollte es für einen öffentlich-rechtlichen Sender doch das Mindeste sein, live dabei zu sein, wenn ein deutschen Team wenigstens mal einen Werbewettbewerb gewinnt. Danke, ZDF!

Wie schön das ZDF das Spielchen mitspielt, dürfte Audi mindestens ebenso freuen, wie den FC Bayern. Zum Turnier gehören ja noch Vorberichte in den üblichen Magazin-Formaten am Morgen und mittags, wo zurückgeschaut wird auf die Tournee der Bayern in den USA. Die nannte sich „Audi Summer Tour“, was nicht zu übersehen war. Das Logo der Reise auf dem Teambus, mit dem die Münchner in den Staaten unterwegs gewesen sind, war lange genug eingeblendet.

Dass Jérôme Boateng mitgeholfen hat bei „dem großen, bayerischen Werbefeldzug in der Neuen Welt, bei dem unter anderem Real Madrid – seinerseits Champions-League-Sieger – mit 3:1 geschlagen werden konnte“, war in dem Vorbericht dann auch noch zu erfahren. Das stimmt zwar nicht ganz, weil eigentlich ja der FC Liverpool den Henkelpokal in diesem Jahr gewonnen hat, aber was soll’s. Es war ja nur ein Werbefilmchen für eine Dauerwerbesendung, da darf man schon mal ein bisschen übertreiben. Und so ganz falsch war es ja auch nicht, schließlich hat Real die Champions League in den vergangenen Jahren fast immer gewonnen.

Heilfroh wird man sein beim ZDF, dass der Wettbewerb nicht mehr nach dem Kaiser benannt ist. Vor dem Audi-Cup wurde in der Arena am Münchner Müllberg der Franz-Beckenbauer-Cup ausgespielt. Am Ende müsste man sich in der Rundumberichterstattung noch mit der Sommermärchen-Affäre befassen, mit 6,7 Millionen Euro die über das kaiserliche Konto nach Katar gewandert waren. Dabei wäre dann vielleicht untergegangen, dass der Franz-Beckenbauer-Cup die größte Sporttrophäe ist, um die je in Deutschland gespielt worden ist. Wikipedia weiß, dass der mächtige Pokal 1,15 Meter hoch war, einem Umfang von 1,25 Metern hatte und Platz für 25 Liter Bierduschenbier geboten hat. Wahnsinn!

2010 wurde er zum letzten Mal ausgetragen. Es war das Abschiedsspiel für Franz Beckenbauer, der im Jahr zuvor als Präsident des FC Bayern aufgehört hatte zu amtieren. Gewonnen hat ihn Real Madrid nach einem 4:2 im Elfmeterschießen. Auch wenn das ZDF schon damals live dabei war, ist das Spiel längst in Vergessenheit geraten. So ist das oft mit Sendungen des ZDF. Auch der Mord an Maureen O’Brian wird nicht lange in Erinnerung bleiben.