Klage gegen Bergbaukonzerne erfolgreich: Späte Gerechtigkeit in Südafrika

Schwer erkrankte Minenarbeiter sollen nach 15 Jahren Rechtsstreit entschädigt werden. Viele der Betroffenen sind allerdings inzwischen gestorben.

Minenarbeiter demonstrieren mit Schildern

Bei einem Streik im Jahr 2015 solidarisieren sich Minenarbeiter mit den Erkrankten Foto: dpa

Sie haben Südafrikas Gold ans Tageslicht gebracht und dabei ihre Gesundheit zerstört. Doch jetzt sorgt eine historische Gerichtsentscheidung für die Entschädigung von ehemaligen Bergbauarbeitern, die an den Lungenkrankheit Silikose und Tuberkulose erkrankt sind.

Nach 15 Jahren juristischem Streit feiern Tausende Kumpel ihren Siegeszug gegen die sechs größten Bergbaukonzerne des Landes. Die Multis müssen zunächst 5 Milliarden Rand (rund 315 Millionen Euro) in einen Treuhandfonds einzahlen, der das Geld an die Geschädigten und ihre Familien weiterleitet. Die genaue Zahl der Opfer ist nicht bekannt; wenn das Geld nicht langt, werden Nachzahlungen fällig.

Über Jahrzehnte hatten die Unternehmen – darunter Anglo American und AngloGold Ashanti, der weltweit drittgrößte Goldproduzent – die Klagen der an Staublunge (auch Silikose genannt) leidenden Bergleute ignoriert. Im vergangenen Jahr gaben einige Minenbosse zu, den Schutz ihrer Arbeitnehmer gegen den gefährlichen Staub beim Abbau des Goldes unter Tage vernachlässigt zu haben. Sie stimmten Kompensa­tionen für alle Erkrankten zu, die nach 1965 in den Minen gearbeitet haben – je nach Schwere der Erkrankung zwischen 3.000 und 30.000 Euro pro Betroffenen. Diese Einigung wurde nun vom obersten Gerichtshof in Johannesburg am Freitag bestätigt.

Begonnen hatte der lange Gang durch die Instanzen 2004. Damals reichten 15 ehemalige Minenarbeiter Einzelklagen gegen Anglo American South Africa ein, denen sich später viele Familien von schon verstorbenen Arbeitern anschlossen. Sie beschuldigten das Unternehmen, für ihre chronische Erkrankung an Silikose und Tuberkulose verantwortlich zu sein.

Ein Viertel der Betroffenen ist bereits tot

Vor allem in Goldminen, wo das in silikonreichem Quarzgestein verborgene Edelmetall gewonnen wird, entsteht beim Bohren und Abräumen ein gesundheitsgefährdender Staub. Er enthält Teilchen, die noch nach Jahren die Bildung von Gewebeknoten in der Lunge verursachen und so bewirken, dass die Aufnahme von Sauerstoff immer stärker eingeschränkt wird. Die geschädigten Lungen sind besonders anfällig für Tuberkulose.

Die schwarzen Bergleute, die aus den armen Gegenden Süd­afrikas und auch der Nachbarländer über Jahre in die Goldminen des Wirtschaftszentrums Johannesburg strömten, waren den schlechten Arbeitsbedingungen unter Tage ausgesetzt. Schon seit 1886 Gold in Johannesburg gefunden wurde, stehen Unternehmen in der Schuld, ihre zumeist schwarzen Arbeitnehmer gegen den hohen Preis ihrer Gesundheit ausgebeutet zu haben.

Erst 2016 gab das oberste Gericht in Johannesburg dem Antrag von 69 Bergleuten durch den Anwalt Richard Spoor statt, in einer bisher größten Sammelklage gegen damals 32 Bergbaukonzerne vorzugehen. Später schlossen sich weitere Betroffene an. „Über die Jahre ist etwa ein Viertel unserer Klienten verstorben“, sagt Rechts­anwalt Spoor.

Er schätzt, dass ungefähr 30.000 Bergleute oder ihre Witwen von den Geldern profitieren werden, um wenigstens etwas Positives zu ihrem Leben beitragen zu können. Doch zufrieden ist der Anwalt noch nicht. „Wir kämpfen weiter, auch in der Kohleindustrie.“ Die Entschädigungen seien für die Firmen ein Anreiz, sich besser um ihre Arbeitnehmer zu kümmern, sagt Spoor. „Unsere Gesetze sind noch ungenügend, wir liegen trotz dieses Erfolgs noch Jahrzehnte hinter anderen Demokratien zurück.“

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