Studentische Arbeit: „Wir werden weiterkämpfen“

Vor einem Jahr streikten studentische Beschäftigte für neuen Tarifvertrag. Celia Bouali hat mitgekämpft und am neuen Buch zur Kampagne mitgearbeitet.

Innenraum der Grimm-Bibliothek der HU in Berlin

Die Bibliothek der HU sourced jetzt ehemals studentische Stellen aus: Tarifflucht, sagt Celia Bouali Foto: dpa

taz: Frau Bouali, wie blicken Sie zurück auf die Kampagne der Studierenden für einen neuen Tarifvertrag?

Celia Bouali: Dafür, dass viele zuerst dachten, studentische Beschäftigte ließen sich nicht zum Arbeitskampf bewegen, hatte unsere Kampagne einen hohen Organisierungsgrad und war so gesehen ein großer Erfolg.

Warum sollen sich studentische Hilfskräfte nicht zum Arbeitskampf bewegen lassen?

Studentisch Beschäftigte arbeiten in Teilzeit und recht kurz an den Hochschulen. Sie sind also prekär beschäftigt und mussten sich für etwas engagieren, von dem sie selbst nicht unbedingt profitierten. Außerdem spielt das Machtgefälle an Lehrstühlen eine Rolle. Als wissenschaftliche Hilfskraft schreibt man ja unter Umständen die Abschlussarbeit bei den Vorgesetzten oder möchte bei diesen promovieren. Die Scheu ist da groß, in einen Arbeitskampf zu gehen. Es wird auch oft der Eindruck vermittelt, man müsse dankbar sein für einen Job in der Wissenschaft.

Hilft der neue Tarifvertrag den Studierenden denn?

Auf jeden Fall. Es war ein wichtiger Kampf, auch mit allen Niederlagen und Debatten. Aber der Kampf geht weiter. Dass es nach 17 Jahren einen neuen Tarifabschluss gab, ist unser Erfolg, nicht der Erfolg der Hochschulen, nicht der Berliner Landesregierung. Natürlich mussten wir Abstriche machen. Wir konnten etwa keinen vollen Ausgleich des Reallohnverfalls erwirken, der bei 14 Euro pro Stunde möglich gewesen wäre. Dass man als studentisch Beschäftigte*r im Krankheitsfall jetzt 10 statt 6 Wochen weiter Lohn erhält, ist aber ein Erfolg.

Inwiefern geht der Kampf weiter?

Die Kampagne hat studentische Beschäftigte in anderen Bundesländern inspiriert, sich auch für bessere Arbeitsbedingungen und einen Tarifvertrag einzusetzen, zum Beispiel in Bremen. Auch um ihnen Erfahrungen und Tipps weiterzugeben, haben wir jetzt den Sammelband herausgegeben.

TVStud-Verhandlerin, Mitautorin von "Ohne uns läuft hier nix! Der Arbeitskampf der studentischen Beschäftigten in Berlin", VSA 2019.

Und in Berlin?

Hier gibt es noch viel zu tun in der Auseinandersetzung um die nichtwissenschaftliche Beschäftigung von Studierenden. Dazu hat letztes Jahr das Landesarbeitsgericht Berlin geurteilt, dass auch für diese der Tarifvertrag der Länder (TV-L) mit entsprechend besserer Entlohnung gilt. Die Hochschulen haben durch die Anwendung des TVStud in den Bereichen Verwaltung, IT und Bibliotheken praktisch Tarifflucht begangen. Und selbst nachdem der Senat angekündigt hat, zusätzliche Mittel für die Umwandlung der Stellen bereitzustellen, setzt die Humboldt-Universität ihre Testphase für das Outsourcing von Stellen in den Bibliotheken fort. Man munkelt sogar unter TVStud-Niveau. Auch dafür, dass die Ankopplung des studentischen Tarifs an den TV-L tatsächlich stattfindet werden wir kämpfen müssen.

Ist das Ganze nicht Jammern auf hohem Niveau?

Schon während der Kampagne hat man immer wieder versucht, unsere Forderungen mit dem „Argument“ abzutun: „Lehrjahre sind keine Herrenjahre“. Unser Kampf ist immer gemeinsamer Kampf in ­Solidarität mit anderen prekär Beschäftigten, wie denen vom Campus Facility Management oder den Physiotherapeut*innen an der Charité.

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