Tour de France in den Alpen: Game of Thorens

Auf den Alpenanstiegen der vorletzten Etappe wird sich die Tour de France entscheiden. Wie bereitet man sich darauf vor?

Radfahrer in den Alpen

Wenn jeder Tritt qualvoll ist: die Favoriten der Tour in den Alpen Foto: ap

TIGNES taz | Die meisten Tour-de-France-Teilnehmer freuen sich schon auf den Champagner auf den Champs-Élysées. Ein paar von ihnen aber sind noch gespannt auf einen anderen Höhepunkt: den Aufstieg zu Europas höchstgelegener Ski-Station Val Thorens. Auf 2.300 Metern liegt die Skistation.

Die Tour-de-France-Profis müssen noch 65 Meter höher klettern. 8 Prozent Steigung hat diese letzte Rampe, sie kommt nach einem kurzen Flachstück. Insgesamt ist der Anstieg 33,4 Kilometer lang – eine der längsten ununterbrochenen Steigungen der Grand Tours, nur der Galibier ist, wenn man ihn von der Seite des Col du Télégraphe befährt, noch 3 Kilometer länger.

Das ist monströs. In den Wochen vor der Tour de France gab sich die Radsportprominenz ein Stelldichein auf dem Anstieg. „Ich kenne den Berg gut, und ich hoffe, dass mich mein Zorn nach der verlorenen Zeit auf der Windkante dort weiter hinauftragen wird“, sagte der Franzose Thibaut Pinot.

Landsmann Romain Bardet, der den Gewinn des Bergtrikots im Visier hat, absolvierte den Anstieg in der besten bisher überlieferten Zeit von einer Stunde und knapp 29 Minuten. Die Movistar-Combo hat ebenfalls positive Erkenntnisse mitgenommen. „Es hat uns hier riesigen Spaß gemacht. Wir kennen den Anstieg gut, er birgt für uns keine Geheimnisse“, erklärte José Luis Arrieta.

Natürlich war auch Emanuel Buchmann da. „Ich denke, der Val Thorens wird der Showdown dieser Tour“, prophezeite der Bora-hansgrohe-Profi. „Der Berg war extrem schwer und hat sich im Training ewig lang angefühlt.“

Zweieinhalb bis drei Stunden Vorbelastung

Trainieren kann man für den Val Thorens aber auch abseits der Skistation. „Das geht schon. Man fährt einfach viele Berge, und das auch länger am Stück und in einer Wettkampfintensität“, erzählt Dan Lorang, Buchmanns Trainer bei der Tour. Vor allem im Höhentrainingslager werden die Grundlagen dafür gelegt. „Man fährt dort sehr lange Anstiege, auch eine Aneinanderreihung von verschiedenen Anstiegen. Dabei entwickelt man eine gewisse Ermüdungsresistenz. Und man entwickelt eine spezifische Kraft und eine spezifische Ausdauer, um bei einem langen Anstieg auch nach drei, vier Stunden Belastung noch leistungsfähig zu sein“, erläutert Lorang.

Denn auch das gehört ja zur Tour de France: Vor dem Monsterberg müssen bereits 96,5 km zurückgelegt werden. Zweieinhalb bis drei Stunden Vorbelastung plant die Zeittabelle der Tour dafür ein.

Es ist also eine extreme Belastung. Hinzu kommt die Ermüdung der letzten drei Wochen bei der Tour. Und als besondere Schwierigkeit noch die Höhe. „In der dünneren Höhenluft kann man wegen des mangelnden Sauerstoffs nicht die gleiche Kraft entwickeln, nicht die gleichen Wattzahlen bringen wie sonst“, erklärt Buchmann.

Um seinen Körper an die Höhe zu gewöhnen, war der Ravensburger bis kurz vor dem Tourstart im Höhentrainingslager, auf 1.800 bis 2.000 Metern Höhe. Er kehrt jetzt also wieder in seine Trainingsregion zurück. Im Vorteil sind in solchen Höhen kolumbianische Radprofis. Wer auf 2.000 bis 3.000 Metern Höhe aufgewachsen ist, wie Nairo Quintana, Sieger der ersten Alpenetappe, oder Ineos-Mann Egan Bernal, kommt mit der dünnen Luft besser zurecht, der Körper arbeitet effizienter in der Höhe und produziert mehr rote Blutkörperchen, die für den Sauerstofftransport verantwortlich sind.

Lieber Alpen als Pyrenäen

Aber auch Emanuel Buchmann will sich aus dem Kampf auf dem Monsteranstieg nicht heraushalten. „Prinzipiell liegen mir die langen und gleichmäßigen Anstiege in den Alpen mehr als die in den Pyrenäen“, sagte er. Schon da zeigte er sich recht erfolgreich. Das lässt hoffen für den Samstag. Positiv sollte sich auch seine neu entwickelte Tempohärte auswirken. „Wir haben natürlich daran gearbeitet, ihn explosiver zu machen, Tempowechsel und Antritte mitzugehen“, sagt Trainer Lorang.

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„Es geht dabei um spezifische Kraft auf dem Fahrrad, dass er in der Lage ist, etwas mehr Drehmoment auf seinem Rad zu entwickeln“, erklärt der Coach, der früher auch den Ausnahmetriathleten Jan Frodeno betreute. „Da hat Emanuel zwar weiter etwas Nachteile gegenüber anderen, weil er vom Typ her anders ist. Aber er hat sich da verbessert. Und das versetzt ihn in die Lage, das eine oder andere Rennen auch einmal zu gewinnen“, bilanziert Lorang.

Perfekt wäre natürlich das Timing, die verbesserte Bergsprintfähigkeit ausgerechnet zum Showdown dieser Tour, am Val Thorens, zu präsentieren.

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