Reeder zu Umwelt und Wirtschaft: Klima retten ist zu teuer

Eine Studie bescheinigt den deutschen Reedern mehr Umweltbewusstsein, aber keine Bereitschaft, darin zu investieren.

Das Hapag-Lloyd-Containerschiff "Guayaquil Express" fährt in den Hafen ein.

Bunkeröl oder Flüssiggas? In finanziell schwierigen Zeiten bleibt es ersteres Foto: dpa

HAMBURG taz | Deutschlands Reeder sind verunsichert. Der Umwelt- und Klimaschutz, die Digitalisierung und der Zusammenbruch der Schiffsfinanzierung treiben Sorgenfalten auf die Stirne in den Chefetagen der Logistikunternehmen. Das ergibt sich aus der elften Reederstudie des internationalen Consultingbüros Pricewaterhouse Cooper (PWC), die am Donnerstag in Hamburg vorgestellt wurde. „Die konjunkturelle Lage trübt sich ein und die Erlöse stagnieren weitgehend“, sagt der Autor der Studie, PWC-Schifffahrtsexperte Claus Brandt: „Die deutsche Hochseeflotte steuert auf schwieriges Fahrwasser zu.“

Das aber liegt auch an einer ausgeprägten Unentschlossenheit in der Branche. Das Thema Klimaschutz ist auch bei ihnen angekommen und sorgt für eine intensivere Beschäftigung mit Liquefied Natural Gas (LNG) als Alternative zu billigem, aber schwer umweltschädlichem Bunkeröl. In der vorigen Studie, die 2016 vorgelegt wurde, fanden nur 36 Prozent der Befragten, dass Flüssiggas in Zukunft eine große oder sehr große Bedeutung erlangen werde, jetzt sind es immerhin schon 53 Prozent. Die Reederstudie wird alle drei Jahre von PWC erstellt; Für die aktuelle wurden im Mai und Juni 102 Führungskräfte aller deutschen Hochsee-Reedereien befragt.

Allerdings erwägen nur 32 Prozent von ihnen, in die alternative Antriebsform zu investieren, weil sie zu teuer sei. Das Bewusstsein sei vorhanden, sagt Brandt, aber „stagnierende Erlöse sowie ein schwieriges Finanzierungsumfeld“ würden die konkrete Umsetzung behindern. Zudem fürchte ein großer Teil der Reeder, die Kosten nicht an die Kunden weitergeben zu können und „die Investitionen in den Umweltschutz letztlich selbst tragen zu müssen“.

Die deutschen Seehäfen haben 2018 rund 300 Millionen Tonnen Güter umgeschlagen und damit 1,9 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Das teilte das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am Mittwoch mit.

Knapp zwei Drittel des Umschlags entfallen auf die beiden Großhäfen Hamburg und Bremen/Bremerhaven. In der Ostsee sind Rostock und Lübeck die bedeutendsten Häfen für den Güterumschlag.

Zum Vergleich: LKW transportierten rund 3,7 Milliarden Tonnen, die Bahn 400 Millionen Tonnen und Binnenschiffe 198 Millionen Tonnen.

Und dazu trägt bei, dass die Schiffsfinanzierung in Deutschland fast vollständig kollabiert ist. Vor der weltweiten Handels- und Schifffahrtskrise betrug dieses Volumen etwa 110 Milliarden Euro, „weit mehr, als es dem deutschen Anteil am Welthandel entsprach“, so Brandt. Heute seien es nur noch schätzungsweise 20 Milliarden Euro.

Das liegt vor allem am Finanzdesaster um die HSH Nordbank, die einst der weltgrößte Schiffsfinanzierer war. Deren unverantwortliches Geschäftsgebaren mit Verlusten von mindestens 30 Milliarden Euro hätte die Eigentümerländer Hamburg und Schleswig-Holstein fast mit in die Pleite gerissen – für die Reeder hingegen war die großzügige Landesbank, die bei den ganz Großen mitspielen wolle, jahrelang ein Goldesel, den sie nun vermissen.

Das alles treibt die Branche laut PWC-Studie mehr um als die internationale Lage. Lediglich 15 der 102 interviewten Führungskräfte nannten „geopolitische Machtspiele, Projektionismus sowie Handels- und Investitionshemmnisse“ als aktuelle Probleme für die globalisierten Warentransporte. Das Embargo gegen Russland, die Abschottung der USA und demnächst von Großbritannien, die Spannungen am Persischen Golf und auch die Expansionsgelüste der chinesischen Staatswirtschaft beunruhigen sie weniger als die Gefahr, dass neue Umwelt- und Meeresschutzvorschriften der EU Mehrkosten verursachen könnten. Denn das treibt mit 29 fast doppelt so viele der Befragten um.

Die Besorgnis über internationale Konflikte sei in der Branche 2016 höher gewesen, räumte Brandt ein. Eine schlüssige Erklärung, warum sie abgenommen hat, konnte der Leiter des maritimen Kompetenzzen­trums von PWC in Deutschland nicht bieten. Dabei definiert sein Consulting-Multi mit 250.000 Mitarbeitern in 158 Ländern es als seine Aufgabe, „gesellschaftliches Vertrauen aufzubauen und wichtige Probleme zu lösen“.

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