Boris Johnsons neue Regierung: Das Horrorkabinett

Boris Johnson hat das Kabinett neu besetzt. Es ist alles in allem ein Horrorkabinett, das bewusst einschüchtern soll. Nicht zuletzt auch die EU.

Boris Johnson und sein Kabinett

Boris Johnson und sein Kabinett Foto: reuters

Noch nennt Großbritanniens neuer Premier Boris Johnson jene, die sich gegen ihn stellen, nicht Verräter, sondern „Zweifler und Schwarzmaler, die gegen Großbritannien wetteten“. Doch seiner Antrittsrede folgte die kaltblütigste Kabinettsumbesetzung seit 1961. Sie darf als Kampfansage an die Moderaten seiner Tory-Partei, die oppositionelle Labour sowie alle Brexitgegner*innen – die noch immer die Hälfte des Landes stellen – verstanden werden. Mit seinem Versprechen, Großbritannien zum „großartigsten Land der Welt“ zu machen, richtete er eine unmissverständlicher Botschaft an die EU.

Mit der Neubesetzung von 17 Ämtern verbannte Johnson jegliche kritische Stimmen aus seinem Umfeld und dem Regierungskreis. Er duldet nur noch starke Brexitbefürworter*innen wie die erzkonservative Priti Patel, die Innenministerin wird – eine Frau, die einst für die Todesstrafe plädierte. Genauso wenig fehlt der wie aus einem verstaubten Geschichtsbuch des Empire entstiegene Brexit-Hardliner ­Jacob Rees-Mogg. Er ist nun neuer Sprecher des Unterhauses. Johnson gibt sich als Lösung für alles, und will damit zur einzigen politischen Kraft werden.

Es ist alles in allem ein die britische Fahne schwenkendes Horrorkabinett pünktlich zur Halloween-Frist, welches bewusst einschüchtern soll, nicht zuletzt auch die EU. Dennoch verteilte Johnson Liebesgrüße, und sprach „über die Schaffung einer neuen Partnerschaft mit den europäischen Freunden, so warm, nah und zärtlich wie möglich“. Und wenn Liebe nicht möglich ist?

Johnson hat bereits 24 Stunden nach seinem Amtsantritt die Ernte eingefahren: Die Tories führen wieder in Meinungsumfragen. Nigel Farages Brexit-Partei wurde auf den vierten Platz verwiesen. Für Johnson ist dieser Trend ein Joker. Wenn die EU und das britische Parlament sich querlegen, kann er Neuwahlen ausrufen. Allerdings: Die Liberaldemokraten kommen bedrohlich näher, und das ganz ohne Horrorbesetzung, sondern mit Jo Swinson, einer für Gleichberechtigung kämpfenden Mutter an der Spitze. Oh, Horror!

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Seit 2012 für die taz im ständigen Einsatz. In München geboren und aufgewachsen, machte er sein Abitur in Israel. Seit 1991 lebt er im Herzen Londons, wo er zunächst drei Hochschulabschlüsse absolvierte, unter anderem an der SOAS, wo er Politik und Geschichte studierte. Nach einer Rundfunkausbildung war er zunächst für DW im Einsatz. Neben dem Journalistischen war er unter anderem als qualifizierter Pilateslehrer, Universitätsassistent und für das britische Büro des jüdisch-palästinensischen Friedensdorfes Wahat al-Salam ~ Neve Shalom tätig. Für die taz bereist er nicht nur die abgelegensten Ecken Großbritanniens, sondern auch die Karibik und die Kanalinseln. Sein Buch über die Schoa "Soll sein Schulem. Verluste, Hass, Mord, Fragen der Identität aus autobiografischer Sicht," soll Ende 2024 oder Anfang 2025 erscheinen.

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