ZPS-Leiter ausgeladen: Philipp Ruch reicht Klage ein

Die Bundeszentrale für politische Bildung lud den Leiter vom „Zentrum für politische Schönheit“ von einem Kongress aus. Der hat nun dagegen geklagt.

Philipp Ruch mit schwarzen Strichen im Gesicht

Siehst sich vom Staat stigmatisiert: Philipp Ruch Foto:

FREIBURG taz | Philipp Ruch, der Leiter des Künstlerkollektivs „Zentrum für politische Schönheit“ (ZPS), sieht sich stigmatisiert. Beim Verwaltungsgericht Köln hat er in dieser Woche gegen seine Ausladung von einem Kongress der Bundeszentrale für politische Bildung geklagt. Die Klage liegt der taz vor.

Das ZPS wurde bekannt durch politische Kunst-Happenings wie den Aufbau eines Holocaust-Mahnmals vor dem Haus von AfD-Politiker Björn Höcke. Leiter des Kollektivs ist der deutsch-schweizerische Philosoph Phi­lipp Ruch, der von der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) für deren Bundeskongress im März 2019 eingeladen wurde. Konkret sollte er dort an einer Diskussion teilnehmen, die den Titel trug: „Bitte schön aufmucken! Kunst als Politik und politische Bildung“.

Doch im Februar 2019, einen Monat vor dem Kongress, wurde Ruch unter Hinweis auf „strafrechtliche Ermittlungen“ wieder ausgeladen. Gemeint war nicht das inzwischen eingestellte Verfahren der Staatsanwaltschaft Gera wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung, sondern ein Verfahren der Staatsanwaltschaft Chemnitz (das inzwischen bei der Staatsanwaltschaft Berlin geführt wird). Dort ging es um die Aktion „Soko Chemnitz“, bei der das ZPS im Dezember 2018 eine Öffentlichkeitsfahndung nach Chemnitzer Nazis vorgetäuscht hatte. Die Ausladung erfolgte durch die bpb, aber auf Weisung des Innenministeriums.

Als die Ausladung bekannt wurde, gab es kritische Nachfragen an die Bundesregierung. Die Sprecherin von Innenminister Seehofer soll dabei gesagt haben, dass eine Einladung Ruchs als „staatlich finanzierte Legitimierung“ der „Soko Chemnitz“-Aktion „missverstanden“ werden könnte. Solche Aktionen trügen „dazu bei, eine weitere Polarisierung der politischen Debatte voranzutreiben und einer Spaltung der Gesellschaft Vorschub zu leisten“.

An den Pranger gestellt?

Ruch hat jetzt eine Klage gegen die Bundeszentrale eingereicht. Das Verwaltungsgericht Köln soll feststellen, dass die Ausladung Ruchs Persönlichkeitsrechte sowie seine Kunstfreiheit verletzt hat und damit rechtswidrig war. Ruch will rehabilitiert werden, es geht ihm nicht um Geld und Schadenersatz.

Die Ausladung und die nachfolgende Kommunikation hätten ihn an den Pranger gestellt. Dabei sei der öffentliche Eindruck erweckt worden, dass Ruch und seine Kunst „außerhalb des für Austausch und Diskussion auf dem Bundeskongress zulässigen Spektrums liegen und nicht mehr diskursiv erörtert werden sollten“.

Der Staat habe dabei nicht nur das „Sachlichkeitsgebot“ verletzt, die Ausladung sei auch unverhältnismäßig, so die von Anwalt Remo Klinger verfasste Klageschrift. Die künstlerischen Konzepte Ruchs hätten ja auf dem Kongress kritisch diskutiert werden können. Ein milderes Mittel wäre auch gewesen, Ruch zu bitten, nicht über die „Soko Chemnitz“ zu sprechen, um das Ermittlungsverfahren nicht zu beeinflussen.

Anwalt Klinger kann sich auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts von 2010 stützen. Dort hieß es, der Staat dürfe sich nur mit rechtfertigendem Grund herabsetzend über einen Bürger äußern. Erfolg hatte damals der konservative Politikwissenschaftler Konrad Löw, der sich ebenfalls von der Bundeszentrale für politische Bildung ins Abseits gestellt sah. Diese hatte sich von einem Aufsatz Löws distanziert, den er für die bpb geschrieben hatte.

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