Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Eine grün-geföhnte Melange in Brüssel, große Verteidigungs-Expertise in der FDP. Und dann war da noch der Vorschlag einer Impfflicht für Wölfe.

Annegret Kramp-Karrenbauer sieht bei ihrer Amtseinführung vorbeiziehenden Soldaten zu

Kommt sie ohne Ärger durch den Wehrdienst? AKK bei ihrer Amtseinführung Foto: dpa

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?

Friedrich Küppersbusch: „Face­book“ plant eine eigene Währung.

Und was wird besser in dieser?

Gewöhnen wir uns an den Wechsel von „Nation“ zu „Dation“.

Ursula von der Leyen will in den ersten 100 Tagen ihrer Amtszeit ein EU-Klimagesetz ausarbeiten, damit Europa bis 2050 klimaneutral wird. Bisschen grün hinter den Ohren?

Und ein neues Digitalgesetz! Und den Dublinsack machen wir auch endlich auf! Von der Leyens melodiös geföhnte Melange aus pathetischen Slogans und schwammigen Ansagen kann man als Lernschritt lesen. Ihr Amt als Verteidigungsministerin begann sie mit dem hübschen Irrtum, „das wichtigste Thema ist die Vereinbarkeit von Dienst und Familie“, was dann weder für die Truppe noch für sie eintrat. Nun haut sie im Stil von Aal-Jürgen („und die Salami leg ich gratis oben drauf!“) Schwerpunkte raus. Und wenn sie die alle reißt – diesmal stimmen die Themen.

Annegret Kramp-Karrenbauer ist die neue Verteidigungsministerin. Sind Sie so überrascht wie alle anderen?

„Das Haus demolierte de Maizière und von der Leyen. Kann man auch als Hinweis auf die ­Unregierbarkeit des Verteidigungs­-mysteriums lesen“

Mein Idol ist Marie-Agnes Strack-Zimmermann von der FDP, die sich zunächst als „sprachlos“ bezeigte, diesen löblichen Vorsatz jedoch sogleich rammte, indem sie AKK „keine Bundeswehr-Expertise“ vorhielt und die Truppe „keine Spielwiese für CDU-Machtspielchen“ nannte. Strack-Zimmermann war freie Türdrückerin für den Jugendbuchverlag Tessloff und stellvertretende Oberbürgermeisterin von Düsseldorf – ein Ausbildungsweg, der offenbar zwingend zur „verteidigungspolitischen Sprecherin der FDP“ führt. AKK selbst scheint Jens Spahn zuvorgekommen, der bereits in großer Ausgehuniform vorm Spindspiegel stand und sich nun Übereilmeldungen von Bild, Rheinischer Post und Funke-Mediengruppe rahmen lassen kann. Das Haus demolierte erfahrene Behördenleiter wie Thomas de Maizière und Ursula von der Leyen. Kann man auch als Hinweis auf die Unregierbarkeit des Verteidigungsmysteriums lesen – der militärisch-industrielle Komplex schrapnellt jede, die sich über launige Truppenbesuche hinauswagt. „Über das Thema Wehrpflicht oder Dienstpflicht – da werden wir nochmal ganz intensiv diskutieren müssen“, hatte Kramp-Karrenbauer als Generalsekretärin vor einem Jahr angekündigt. Hier kann sich schnell weisen, ob sie der schwer erziehbaren Armee etwas zumutet oder einfach ohne Ärger durch den Wehrdienst kommen will.

Masern-Impfpflicht für Kinder, für Mitarbeitende in Kitas, für Menschen in Geflüchtetenunterkünften. Das möchte Gesundheitsminister Jens Spahn einführen. Läuft bei ihm, oder?

Er hat eine Nase für publizitätswirksame Themen. „Impfpflicht auch für Flüchtlingsheime“ ist schon cool, aber richtig geil wäre „für Wölfe“.

Angela Merkel hatte am Mittwoch ihren 65. Geburtstag gefeiert. Zeit für ein erneutes Erhöhen des Rentenalters?

Punktlandung: Von der „Rente mit 67“ ist auch Merkels Geburtsjahrgang 1954 erfasst: 8 Monate mehr. Heißt, sie kann im März 2020 in Rente gehen. Sehen viele Parteifreunde von ihr ähnlich.

Vor 50 Jahren war Neil Armstrong als erster Mensch auf dem Mond. Wo waren Sie?

3.56 Uhr MEZ – im Bett. Als Achtjähriger durfte ich an die gelernte Kuhlenkampff-Schallmauer gegen halb elf herangucken. Und dachte mir dann im Schlummer fantastische Landungsszenen aus, die wesentlich von Piratenfilmen inspiriert waren. Das verrauschte Schwarz-Weiß von pummeligen Fiction-Sandmännchen in der Wiederholung am nächsten Morgen enttäuschte, zumal ja auch einfach nichts passiert war. Apollo war mit drei Kameras ausgerüstet, deren technische Entwicklung bereits 1964 begann; alle Verschwörungstheorien, es habe sich um ein groß angelegtes Medienereignis gehalten, treffen zu – nur eben echt auf dem Mond.

US-Präsident Trump hat eine Einladung ins pfälzische Kallstadt bekommen, dem Wohnort seiner Vorfahren. Der Kallstädter Bürgermeister hofft, dass Trump etwas über Migration lernt. Was halten Sie von Erlebnispädagogik für alte weiße Männer?

Er könnte helfen, diese total kaputten und kriminalitätsverseuchten Orte wieder in Ordnung zu bringen. Hey, das ist ungefähr die Argumentationslinie der AfD über Sachsen!

Und was machen die Borussen?

Fachleute definieren den BVB knapp hinter den ganz großen Clubs als „Ausbildungsverein“. Das ist okay, es unterscheidet uns vom Einbildungsverein aus München. Fragen: CAS, PWE

Friedrich Küppersbusch ist Fernsehproduzent, Moderator und stillgelegter Zivi – also der kommende Mann auf der Hardt­höhe.

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Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".

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