Bertelsmann-Studie zu Krankenhäusern: Befremdliche Forderung

800 Krankenhäuser zu schließen, ist nicht sinnvoll. Gerade auf dem Land muss die flächendeckende Versorgung der Patienten sichergestellt sein.

Mensch zieht Gummihandschueh über

Bei den Krankenhäusern geht es um mehr als reine Effizienz Foto: dpa

Es ist mehr als befremdlich, wenn die Bertelsmann-Stiftung pauschal die Schließung von 800 Krankenhäusern in Deutschland fordert. Die von der Bundesregierung eingesetzte Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ hat gerade erst die Bedeutung der Daseinsvorsorge und Sicherung einer gut erreichbaren, wohnortnahen Gesundheitsinfrastruktur herausgestellt. Als Konsequenz daraus hat das Bundesgesundheitsministerium beschlossen, 120 kleinere Kliniken finanziell zu unterstützen.

Zwar kann es in Ballungsgebieten mit höherer Krankenhausdichte durchaus sinnvoll sein, Patienten in größeren Strukturen zu versorgen. Dadurch könnten beispielsweise Abläufe für Ärzte und Pflegepersonal vereinfacht und die zunehmende Arbeitsverdichtung abgemildert werden. Doch gerade im ländlichen Raum müssen wir die flächendeckende Versorgung der Patienten sicherstellen. Genau deshalb müssen wir mehr als bisher die sektorübergreifende Versorgung gemeinsam mit den niedergelassenen Ärzten ausbauen.

In Hamburger Krankenhäusern werden ja auch Patienten aus dem weiteren Umland behandelt. Das alles zeigt, dass man diese Fragen nicht vom grünen Tisch aus entscheiden kann. Sie müssen vor Ort und von den Landes- und Kommunalpolitikern gemeinsam mit den Ärzten diskutiert werden. Schließlich dienen Kliniken und Praxen nicht nur der regulären medizinischen Versorgung, sondern müssen auch für die medizinische Versorgung in Krisenfällen wie Epidemien und Großschadensereignissen gut aufgestellt sein.

Wer auch immer mit welchen Ideen den Krankenhaussektor verändern will, muss dem grundgesetzlichen Auftrag der Daseinsvorsorge, der Gleichheit der Lebensverhältnisse und dem Feuerwehrwehrprinzip der Krankenhäuser im Katastrophenfall gerecht werden. Vor allem aber müssen wir diskutieren, wie angesichts des Fachkräftemangels der steigende Behandlungsbedarf gedeckt werden soll. Denn auch mit weniger Krankenhäusern sind nicht weniger Kranke zu behandeln.

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ist Facharzt für Allgemeinmedizin und Präsident der Bundesärztekammer und des Deutschen Ärztetages.

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