Wasserball-Trainer über die WM: „Wahnsinnige Konterschnelligkeit“

Am Montag startet das deutsche Wasserball-Team ins Turnier bei der WM in Südkorea. Trainer Hagen Stamm über die Kadersituation und den komischen Stil Japans.

Zwei Männer verlegen bei der Schwimm WM einen Teppich mit dem Logo der WM am Rande des Trainings einer Damen-Wasserball-Mannschaft

Nicht ganz ernst gemeint: „Wenn Schwimmer anfangen zu denken, werden sie Wasserballer“ Foto: dpa

taz: Herr Stamm, Japan ist der erste Gegner der deutschen Wasserballer bei der WM. Fand die gemeinsame finale Vorbereitung mit den Japanern trotzdem wie geplant statt?

Hagen Stamm: Nach der Gruppenauslosung haben wir von beiden Seiten schon überlegt, ob es eventuell sinnvoll wäre, den Plan zu ändern. Es gab aber für beide keine Alternativen. Und ganz ehrlich: Die Japaner spielen einen so komischen Wasserball – da muss man schon beim eigenen Angriff an deren Konterangriff denken. Das ist ihre Waffe. Deshalb tat es uns ganz gut, vor der WM noch mal gegen sie gespielt zu haben. Wir haben zwar 11:12 verloren, für mich ist aber alles im Soll. Auf dem Weg zu unserem Ziel – es unter die Top 8 zu schaffen. Das wäre für uns das Traumergebnis. Und es würde uns eine gute Ausgangsposition für die Olympia-Qualifikation Anfang nächsten Jahres verschaffen

Was ist denn so komisch am Spiel der Japaner?

Sie haben natürlich körperliche Defizite, sind kleiner und kompensieren das durch eine wahnsinnige Konterschnelligkeit und durch Ausdauer. Sie gehen über vier Viertel hoch und runter wie die Verrückten. Dazu decken sie sehr aggressiv von vorne. So findet man nur sehr schwer einen Anspielpartner. Die ganze Angriffstaktik gegen Japan muss umgestellt werden.

Die letzten beiden WMs und Olympischen Spiele haben Deutschlands Wasserballer verpasst. Welche Rolle spielt diese Lücke für das Turnier in Gwangju?

Hagen Stamm, 59, ist Trainer des deutschen Wasserball-Nationalteams. Er war früher selbst Nationalspieler, wurde zweimal Europameister und holte mit seiner Mannschaft Wasserfreunde Spandau 04 viermal den Europapokal der Landesmeister.

Erst einmal macht es die Jungs stolz, wieder dabei zu sein. Für eine Handvoll Spieler ist es die erste WM. Zudem haben wir diesmal noch einen speziellen Charme – dadurch, dass die Unterkünfte der Athleten ein bisschen wie in einem Olympischen Dorf konzipiert sind. So etwas habe ich bei Weltmeisterschaften noch nicht erlebt. Besonders ist, dass alle DSV-Mannschaften zusammen an einem Ort sind. Dieser Gemeinschaftsgedanke ist immer etwas schwer zu leben, weil wir fünf Sportarten in einem Verband sind. Das ist ja sehr ungewöhnlich. Kein Fußballer käme zum Beispiel auf die Idee, Mitglied im Leichtathletikverband zu sein – nur, weil er auch rennt.

Wie sehen Sie generell den Zustand des DSV – sieben Monate nachdem kurz hintereinander Präsidentin Gabi Dörries und Henning Lambertz, der Chefbundestrainer der Schwimmer, zurückgetreten sind? Bernd Seidensticker, Präsident von Waspo Hannover, äußerte sich zuletzt ja sehr kritisch über den Verband, sprach von Führungslosigkeit und Unfähigkeit und forderte einen Neuanfang.

Mit Leistungssportdirektor Thomas Kurschilgen und mit Vizepräsident Uwe Brinkmann, meinem Co-Trainer, haben wir eine sehr enge Bindung. Wasserballmäßig haben wir gar keine Probleme mit der Situation. Wir konnten alle Maßnahmen, die wir machen wollten, durchführen. Wir sind da sehr zufrieden. Und wenn jemand aus unserer Sparte dann meint, alles bewerten zu müssen, soll er das machen. Ich nehme zu diesem Menschen keine Stellung mehr.

Fehlende Fördergelder, fehlender Nachwuchs, Mängelverwaltung – wie stehen Sie zu diesen Schlagwörtern, die im Zusammenhang mit dem deutschen Wasserball immer wieder fallen?

Statistisch gesehen hat ein Wasserballnationalspieler eine Verweildauer von 13 Jahren. Aktuell haben wir 13 Spieler – man braucht ungefähr einen neuen Spieler pro Jahr. Mit Akteuren wie Ben Reibel oder Denis ­Streletzkij ist es uns gelungen, zwei sehr junge Talente in der Nationalmannschaft schon unter die ersten 7 zu bringen. Natürlich könnte die Situation besser sein. Aber man muss versuchen, das Beste daraus zu machen. Momentan haben wir jedenfalls 18 Sportler, mit denen wir bis Olympia weiterarbeiten werden.

Sie sind ein erklärter Freund der Idee, dass Schwimmer, die sich im Becken nicht durchsetzen, im Wasserball weitermachen sollten.

Hagen Stamm

„Wenn Schwimmer anfangen zu denken, werden sie Wasserballer“

Zum Ärger meiner Frau, die Schwimmtrainerin ist, sage ich am Frühstückstisch immer: Wenn Schwimmer anfangen zu denken, werden sie Wasserballer. Das ist natürlich nicht ganz ernst gemeint. Aber wir haben eine Situation im Wasserball, wo wir eine Schwimmausbildung brauchen. Weil der Sport immer schneller geworden ist. Ohne diese Ausbildung hat ein Wasserballer heutzutage keine Chance mehr. Außerdem muss man mit dem Wasserball inzwischen auch viel früher anfangen. Mit zwölf sollte man die Kugel schon langsam in die Hand nehmen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.