Sonderausstellung in Bremen: Das Universum macht mobil

Einem der virulentesten Themen dieser Zeit widmet sich die neue Sonderausstellung im Universum: der Mobilität. Ein Sponsor ist ausgerechnet Mercedes.

Zwei junge Frauen gegen durch die Spiegelsimulation im Universum in Bremen.

Nichts für Ängstliche: Die Spiegelsimulation suggeriert unendliche Tiefe Foto: Universum Bremen

BREMEN taz | Während die Vision einer autofreien Innenstadt in Bremen für erregten Widerspruch sorgt, ist wissenschaftlicherseits längst klar: Nicht mehr die Bedürfnisse der Autos dürfen die Städte formen, sondern die ökologisch verträgliche Fortbewegung. Da nicht jeder geneigt ist, sich mit Zeitungsdossiers, Podcasts und Literatur fit zu machen für diese gerade virulente Debatte, bietet das Universum seine 19. Sonderausstellung als Grundstudium an. Ihr Titel: „Der mobile Mensch – Deine Wege. Deine Entscheidungen. Deine Zukunft“.

Zum Soundtrack aus eingespieltem Verkehrs- und Naturlärm sowie live erzeugter Indoor-Spielplatz-Klangkulisse können die BesucherInnen hier das Thema auf völlig unterschiedlichem Vertiefungsniveau genießen.

Während Kinder ab zwölf Jahren in Computerspielsituationen herumagieren, wird ihnen der Kerngedanke der Schau vertraut gemacht: Seht her, wie Lebensräume von Fortbewegungsmitteln beeinflusst werden und wie viel mehr unterschiedliche Modelle mit ganz anderen Umweltfolgen es gibt als jene, die jeder täglich nutzt.

Eltern können sich derweil Lesestoff aneignen zu Fragen nach der Bewegung im Futur und Trends entdecken, die in der Region gerade ausprobiert oder diskutiert werden. Dazu gehören elektrobetriebene Lastenfahrräder in Bremen oder der Plan, Elektrobusse zirkulieren zu lassen, damit jeder barrierefrei die Infrastruktur der Nachbarschaft nutzen kann.

Die Ausstellung macht Naturphänomene erlebbar

Aber auch über den Tellerrand wird geblickt – und ebenso kurz über New Yorks parkähnliche Nutzung stillgelegter Hochbahnstrecken berichtet wie über Montreal, wo zur Entschleunigung den wartenden Bahnreisewilligen neuerdings Plätze auf Schaukeln angeboten werden.

Dank der exzessiven und komplexen Informationsangebote ist eine Exposition entstanden, die die Verweildauer von Ich-will-Spaß-BesucherInnen zwar eher kurz halten, alle anderen aber fit machen wird für den Verkehrsdiskurs. Klimawandel, CO2-Ausstsoß, ökologischer Fußabdruck – diese Themen in der Dauerausstellung des Universums machen vor allem Naturphänomene erlebbar.

Die Sonderschau ergänzt dies um die symbolische Darstellung von Problemlösungen. Wie wollen wir uns zukünftig bewegen – oder bewegt werden in selbst fahrenden Objekten? Acht Erlebnis- und Studierstationen fokussieren die Bedürfnisse der BesucherInnen. Sie sollen etwas über sich lernen und sich dann als Mobilitätstyp definieren.

Werksführung bei Mercedes-Benz. Ein Einblick in die verschiedenen Produktionsbereiche: 24. 7., 14. 8,. 28. 8. und 25. 9., 16 bis 18 Uhr, Mercedes-Benz-Kundencenter Bremen

Der voll elektrische EQC – made in Bremen. Ein Überblick über das erste voll elektrische Modell von Mercedes-Benz aus Großserienfertigung: 31. 7., 7. 8., 4. 9. und 11. 9., 14 bis 18 Uhr, Mercedes-Benz Kundencenter

BSAG – Eine Straßenbahn selbst fahren. Auf dem Betriebshof Neustadt können Teilnehmende das eigene Talent erproben: Strom geben, abbremsen, Türen bedienen, klingeln: 6. 8., 10 und 12 Uhr

BSAG – Ein Blick hinter die Kulissen. In der Betriebsleitstelle und Werkstatt erfahren BesucherInnen, was rund um die Uhr getan wird, damit die Fahrzeuge reibungslos unterwegs sein können: 13 .8., 15. 10., 16. 11., 13.15 Uhr

E-Day Blumenthal. Aktions- und Informationstag zu Elektromobilität, alternativer Energienutzung und -speicherung: 21. 9., 10 Uhr, An der Wollkämmerei

Hierzu werden die Anforderungen an die moderne Ortswechselei konkretisiert – es geht um Verfügbarkeit, Flexibilität und Sicherheit bis hin zu Information und Gesundheit. In Videomonologen berichten dazu sowohl ExpertInnen des Alltags als auch WissenschaftlerInnen. An den Wänden lungern derweil Daten und Fakten als Torten- und Säulendiagramme.

Auf „Ideentischen“ sind Best-Practice-Beispiele per Video, besonders putzig aber auch als Laubsägearbeiten mit Plexiglas zu sehen. Da gibt ein Mann seinen Autoschlüssel weiter, weil er das Gefährt gerade nicht benötigt, privates Carsharing also. In einer weiteren dieser lustigen Szenen wird ein Auto mit irgendetwas beladen – als Hinweis darauf, es könnte bei jeder Fahrt auch zusätzlich noch Warentransporter sein.

Extrem niedrigschwellig funktionieren die interaktiven Oasen. Also einfach mal auf einen Heimtrainer setzen und staunen: Je stärker geradelt wird, desto dschungeliger wuchern an den Leinwänden drumherum der Efeu und die Wiesenblumen. Man ahnt die Botschaft: Radfahren ist gut für die Umwelt.

In einer Spiegelsimulation wiederum wird unendliche Tiefe suggeriert und ein schmaler Balken zum Überschreiten angeboten. Wer jetzt Angst spürt, so verheißt die Installation, sei wohl der Sicherheitstyp, der ohne Risiko mobil sein möchte, dem also Schnelligkeit, Nachhaltigkeit oder Komfort nicht so wichtig seien.

Mercedes darf für seinen Akku betriebenen SUV werben

Die „Games“ stellen Fragen wie: Du willst eine Kiste Limonade kaufen, welches Verkehrsmittel wählst du? Aktiviert der Spielende das Fahrradtaxi und führt es mit dem Finger über den virtuellen Stadtplan von „Brematopia“ zum Getränkemarkt, urteilt der Computer: Das sei bequem und sicher. Und wenn die Oma mit dem Rollator etwas unternehmen will? Einfach die Straßenbahn anklicken. „Prima“, lautet das Lob.

Dazu muss man wissen, dass die Bremer Straßenbahn AG Mitsponsor der Ausstellung ist. Wie auch Mercedes-Benz – obwohl das Unternehmen am Standort Bremen der ökologischen Mobilitätswende bisher wenig zugetan war. Nun darf der Autobauer auf seinen neuen, von einem 600 Kilogramm schweren Akku betriebenen SUV hinweisen.

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