CampingmachtauchSpaß

In den Sommerferien fliegt Berlin in den Urlaub. Aber was machen die, die sich das nicht leisten können? Sie bleiben zu Hause. Oder fahren ins Berliner Umland zum Zelten – und dorthin, wo es viel billiger ist als daheim. Besonders betroffen sind Kinder, alte Menschen und Alleinerziehende

Sich den Traumurlaub in die Wohnung holen: per Fototapete Foto: Philip Frowein/plainpicture

Von Anna Klöpper

Es ist gerade nicht mehr so richtig en vogue, sich unter Palmen in der Südsee zu träumen. Die Kids von „Fridays for Future“ haben ihren Eltern zumindest so erfolgreich ins Gewissen geredet, dass die immerhin Skrupel haben, wenn sie am Ende doch nach Bali fliegen.

Was bei dieser ­Verzichtdebatte häufig keine Rolle spielt: Sie ist in gewisser Weise auch eine Luxusdiskussion. Das ist nicht schlimm, weil das nicht der Punkt ist bei der Klimadebatte, aber man kann sich ruhig mal vergegenwärtigen: Etwa jeder Fünfte in Deutschland kann sich keine Woche Urlaub am Stück leisten, wie eine stichprobenartige Sozialdatenerhebung von Bund und Ländern ergeben hat. Und damit ist nicht zwingend die Flugreise nach Übersee gemeint. Auch eine Woche Campen am See, wo man mit der Regionalbahn hinfahren kann, ist für viele nicht drin.

In Berlin ist die Armutsgefährdungsquote gestiegen – ein Hinweis darauf, dass die Ungleichheit der Einkommen weiter zunehme, sagen die Landesstatistiker. Besonders betroffen: Kinder, alte Menschen, Alleinerziehende. Berlin ist die viel zitierte Hauptstadt der Kinderarmut, etwa jedes dritte Kind in Berlin ist auf Transferleistungen angewiesen. Berlin ist auch die Hauptstadt der Alleinerziehenden die rund ein Drittel der Gesamtbevölkerung stellen. Und eine weitere Risikogruppe wächst: Die Zahl der Menschen im Rentenalter stieg in den letzten vier Jahren um fast 7 Prozentpunkte auf 11,2 Prozent. Wer als Einpersonenhaushalt weniger als 967 Euro im Monat zur Verfügung hat, gilt den Statistikern derzeit als armutsgefährdet.

Mit 967 Euro im Monat kann man, wenn man einen guten Mietvertrag hat, noch in der Innenstadt wohnen und ab und an die Milch im Bioladen um die Ecke kaufen. Aber für den Städtetrip nach Paris, sofern man ihn sich überhaupt leisten kann, sticht der Billigflieger das teure Ökostromzugticket.

Diese Erkenntnis ist nicht neu, aber es tut sich wenig. Rot-Rot-Grün baut den noch zu eröffnenden BER schon jetzt für noch mehr Fluggäste aus, eine politische Mehrheit auf Bundes- oder gar europäischer Ebene für Steuern auf Kerosin oder CO2 scheint auf absehbare Zeit nicht in Sicht.

Wer wenig hat, muss sich klimabewusstes Reisen erst mal leisten können. Und wer noch weniger hat, für den stellt sich die Frage, ob Billigflieger oder Bahn, eben gar nicht. Ob die Welt nun automatisch enger wird, wenn der Radius kleiner wird und nur bis zum Sommerferienangebot des Jugendclubs oder zum Badesee reicht? Nein, das wäre wohl ganz schon ignorant gedacht. Aber die Klima-Kids könnten es ja mal ausprobieren, wenn die Eltern wieder nach Bali fliegen. Sie haben ja die Wahl. Und das ist tatsächlich, man macht es sich viel zu selten klar, ein Luxus.

Ferien mit wenig Geld 44–45