Warum eigentlich Nigeria?

Zwischen Fußball und Stochastik: Ein Versuch, das Zustandekommen der Achtelfinals zu verstehen

Mit einem 4:0-Sieg über Südafrika im letzten Gruppenspiel beendete die DFB-Elf die Gruppenphase dieser WM auf bestmögliche Weise. Aber der Gegner für die Achtelfinalpartie am heutigen Samstag (17.30 Uhr) war aber dennoch nicht bekannt. Dem komplizierten Turniermodus war es geschuldet, dass die Ermittlung des Gegners auf sich warten ließ.

Bis Donnerstagabend hätte der Gegner der Deutschen auch Brasilien oder Argentinien heißen können, gespielt wird jetzt allerdings gegen Nigeria. Warum?

In dem vor der Weltmeisterschaft veröffentlichten Spielplan war ein Schema festgelegt, wie man mit den möglichen Drittplatzierten verfahren würde: Beispielsweise, dass der Sieger der Gruppe B (das wurde Deutschland) gegen die drittbeste Mannschaft aus Gruppe A, C oder D spielen würde.Andererseits hing die Frage, ob es eben der Dritte aus A oder C oder D wird, von der Konstellation aller Gruppendritter des Turniers ab.

Hätten sich zum Beispiel die vier besten Drittplatzierten der Vorrunde aus den Gruppen A, B, C und D qualifiziert, so wäre Deutschland gegen den Dritten aus Gruppe D (Argentinien) angetreten.

Für jede der 15 möglichen Ereignisse war so also ein anderes Szenario ausgetüftelt worden. Zum Nachteil aller, denen Stochastik, also die Kunst des Vermutens, nicht mehr geläufig ist und vor allem auch zum Nachteil der Mannschaften, die beim Warten auf ihren Gegner auf die Folter gespannt wurden.

Doch ein bisschen haben es sich die deutschen Spielerinnen selbst zuzuschreiben. Wäre Deutschland nämlich Zweiter in seiner Gruppe B geworden, hätte die Auswahl einfach gegen den Zweitplatzierten aus der Gruppe C gespielt. Das ist Australien, das zwar bezüglich Punkten und Tordifferenz gleichauf mit Brasilien liegt, aber den direkten Vergleich gewonnen hatte.

Nun also Nigeria. Dessen Nationalmannschaft gilt vielen als vermutlich dankbarer Gegner (zum Glück nicht Brasilien!), weil das DFB-Team in allen der bislang sechs Aufeinandertreffen gewinnen konnte. Das kann aber täuschen. Die Elf von Trainerin Florence Omagbem hat bei diesem Turnier schon gegen Südkorea 2:0 gewonnen und gegen Favorit Frankreich nur 0:1 verloren. Vor allem besteht das Team um die Stürmerin Asisat Oshoala überwiegend aus dem Kader, der 2014 einen der größten Erfolge des afrikanischen Frauenfußballs erreichte: den Vizeweltmeisterinnen der U20. Verloren im Finale erst nach Verlängerung – und zwar gegen Deutschland. Jannik Höntsch