Hessens Landtag verurteilt Lübcke-Mord: Zweifel am Beileid der AfD

Die Parteien im hessischen Landtag haben den Mord am Walter Lübcke gemeinsam als „Zäsur“ bezeichnet. Nicht alle nahmen der AfD das ab.

Hessischer Landtag

Schweigen, aber auch laute Worte: hessischer Landtag Foto: dpa

WIESBADEN taz | In einer einstimmig verabschiedeten Entschließung hat am Mittwoch der hessische Landtag den Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke verurteilt. Die Gewalttat wird in dem Text als „Zäsur“ bezeichnet, weil zum ersten Mal seit der Weimarer Republik und der Naziherrschaft ein Politiker Opfer rechter Gewalt geworden sei. In der Entschließung bekennen sich alle sechs Landtagsparteien zu einer freiheitlichen Gesellschaft und treten gegen jede Form extremistische Gewalt ein. „Rechtsextremes Denken führt zu rechtsextremen Worten. Aus rechtsextremen Worten können rechtsextreme Taten werden. Dem treten wir gemeinsam von Anfang an konsequent entgegen“, heißt es in dem Antrag, für den auch die AfD-Fraktion stimmte.

Es war der grüne Fraktionsvorsitzende Mathias Wagner, der zuvor Zweifel an der Glaubwürdigkeit der AfD angemeldet hatte. „Aus Worten können Taten werden!“, hatte Wagner mit Blick auf den rechten Flügel des Parlaments gerufen. Eine Partei, die Politiker als „Volksverräter“ verächtlich mache, sollte in der Debatte über den Mord besser schweigen, hatte der Grüne empfohlen: „Nutzen sie die gesparte Redezeit, um über ihren Beitrag zur Vergiftung des politischen Klimas in diesem Lande nachzudenken,“ sagte Wagner an die Adresse der AfD. Der Vorsitzende der AfD-Landtagsfraktion, Robert Laubrom, sprach von einer parteipolitischen Instrumentalisierung des Mordes. Er nannte die Tat „einen Angriff auf uns alle“, die AfD wende sich gegen Gewalt, versicherte Lambrou und fügte hinzu: „Hass und Hetze lehnen wir entschieden ab!“

Diese Sätze lösten Kopfschütteln bei den Vertretern der anderen Parteien an. „Sie sprechen nicht für alle, sondern wenn überhaupt nur für die AfD“, hatte ihm CDU-Fraktionschef Michael Boddenberg widersprochen. Wie er hatten alle DebattenrednerInnen zuvor die hämischen und menschenverachtenden Hassbotschaften gegeißelt, die Lübckes Tod im Netz ausgelöst hatten, darunter auch solche von AfD-PolitikerInnen.

Der hessische CDU-Vorsitzende, Ministerpräsident Volker Bouffier, hatte die Debatte mit einem Appell eröffnet, sich gemeinsam für eine offene und freiheitliche Gesellschaft einzusetzen. „Die Würde des Menschen darf auch im Netz nicht untergehen!“, sagte er zu den Hasskommentaren. Extremisten hofften, die anderen mundtot zu machen, aus Angst. „Wir haben nicht nur keine Angst, sondern wir werden auch keinen Millimeter weichen, wenn es um die Verteidigung der freiheitlichen Gesellschaft geht!“, rief Bouffier unter dem Beifall des ganzen Hauses. Der Ministerpräsident und frühere Innenminister versprach, zu einer rückhaltlosen Aufklärung des Mordes beizutragen. Eine vorschnelle Festlegung auf einen Einzeltäter sei nicht angemessen, sagte Bouffier.

„Schwarzer Tag“

Die innenpolitische Sprecherin der SPD, Nancy Faeser, und Linke-Chefin Janine Wissler fragten nach möglichen Mittätern oder einem Netzwerk rechter Gewalt. Seit 1980 seien in Deutschland 180 Menschen Opfer rechter Gewalt geworden, erinnerte Wissler: „Der Mord an einem Politiker wiegt genauso schwer, wie der rassistisch motivierte Mord an einem türkischen Kioskbesitzer“, sagte sie.

Volker Bouffier, CDU Hessen

„Wir haben nicht nur keine Angst, sondern wir werden auch keinen Millimeter weichen, wenn es um die Verteidigung der freiheitlichen Gesellschaft geht“

FDP-Fraktionschef René Rock zeigte sich irritiert, dass ein offenbar einschlägig vorbestrafter Rechtsextremist vom Radar von Polizei und Verfassungsschutz verschwunden gewesen ist. Nach der Aufarbeitung des NSU-Terrors im Landtagsuntersuchungsausschuss habe er sich eine solche Entwicklung nicht vorstellen können, sagte Rock und sprach von einem „schwarzen Tag für die Sicherheitsbehörden“.

Am kommenden Mittwoch wird der hessische Innenminister Peter Beuth, CDU, auf einer Sondersitzung des Landtagsinnenausschuss Rede und Antwort stehen müssen.

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