Düngeregeln für Landwirte: Regierung findet Mist-Kompromiss

Bauern sollen in belasteten Gebieten weniger düngen dürfen, doch es bleiben Schlupflöcher. Nicht nur Umweltverbände kritisieren das.

Ein Traktor fährt ein grünes Feld entlang und hinterlässt tiefe Spuren.

Die neuen Düngeregeln haben viele Kritiker*innen Foto: dpa

Seit Jahren scheitert die Bundesregierung daran, die Nitrat-Grenzwerte der EU im Grundwasser einzuhalten. Jetzt hat sie sich auf neue Düngeregeln geeinigt, die sie der Brüsseler Kommission demnächst vorlegen will. Sowohl Biolandwirte, Umweltverbände und Wasserwirtschaft als auch der Bauernverband kritisierten die Beschlüsse, die langsam an die Öffentlichkeit durchsickern. In der vergangenen Woche hatten sich die Ressorts hinter verschlossenen Türen geeinigt.

LandwirtInnen sollen danach in Gebieten, die besonders mit Nitrat belastet sind, künftig 20 Prozent weniger düngen und eine Obergrenze von 170 Kilogramm Stickstoff pro Hektar einhalten. Dies gilt nicht pro Betrieb, sondern pro Fläche. LandwirtInnen können also einen Acker in einem gefährdeten „roten Gebiet“ weiter düngen wie bisher, wenn sie dafür auf einem anderen weniger Mineraldünger oder Gülle ausbringen. Auf Grünland gilt die „20-Prozent-Beschränkung“ nicht.

Der Kompromiss sieht weiter vor, die Zeiten auszudehnen, in denen die LandwirtInnen gar nicht düngen dürfen. Sperrfristen gibt es jetzt schon. Künftig sollen diese, je nach Kultur und Düngemethode, auf die Zeit zwischen Oktober und Januar ausgeweitet werden. Für Ökobetriebe, die schon jetzt auf Mineraldünger verzichten und mit Mist und Kompost arbeiten, gelten Ausnahmen. Der Kompromiss war notwendig, weil Deutschland die EU-Grenzwerte für Nitrat im Grundwasser nicht einhält.

Im Übermaß gilt es als gesundheits- und umweltschädlich und verteuert die Wasserversorgung. Wegen der Grenzwertverletzungen hatte die EU-Kommission die Bundesregierung erfolgreich verklagt und mit Bußgeldern gedroht.

Fatal für Biodiversität

Im Wesentlichen habe sich das Agrarressort durchgesetzt, sagt Silvia Bender, Abteilungsleiterin Biodiversität beim Umweltverband BUND. Der Vorschlag berücksichtige vor allem die landwirtschaftlichen Belange und stelle den Gewässerschutz hinten an.

Silvia Bender, BUND

„Im Wesentlichen hat sich das Agrarressort durchgesetzt“

Besonders die Regelung von Grünland-Düngung sieht Bender kritisch. „Sehr viele Arten, etwa von Insekten oder Vögeln, benötigen schonend bewirtschaftete Wiesen als Lebensraum“, sagt die Agrarexpertin. Sie sieht die Gefahr, dass Betriebe mit viel Vieh ihr Grünland noch intensiver bewirtschaften. Für die Biodiversität sei dies fatal.

Auch der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft BÖLW bemängelt die Düngeregeln. „Die wirksamste Maßnahme gegen schädliche Nitratüberschüsse wären Regeln, nach denen nur so viele Tiere auf der Fläche gehalten werden, wie Böden und Gewässer verkraften“, betont BÖLW-Vorsitzender Felix Prinz zu Löwenstein. Umwelt- und Landwirtschaftsministerium ließen mit den neuen Regelungen weiter zu, „dass Höfe, die bereits wasserschützend wirtschaften, die Probleme ausbaden müssen, die Betriebe verursachen, die zu viele Tiere halten“.

Der Bauernverband hält die Einigung dagegen auch jetzt noch für zu anspruchsvoll für konventionelle Betriebe. Sie „verlasse das Grundprinzip der Bedarfsdeckung landwirtschaftlicher Kulturen mit Nährstoffen“, so der Verband. Er forderte, statt ordnungsrechtlicher Vorgaben lieber „erfolgreiche Wasserkooperationen“ und den Vertragswasserschutz zu stärken.

Dies lehnte der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft BDEW ab. „Nach über 20 Jahren zeigen die Ergebnisse vieler Kooperationen in den gefährdeten Gebieten, dass diese eindeutig kein Allheilmittel sind“, sagte BDEW-Hauptgeschäftsführer Wasser Martin Weyand. Vielerorts seien die Nitratbelastungen kaum oder gar nicht vermindert worden.

Korrekturhinweis: In einer früheren Version dieses Beitrags hieß es wegen eines Redigatsfehlers, dass Ausnahmen für Ökobetriebe gelten würden, die auf Mineraldünger setzen. Das genaue Gegenteil ist der Fall.

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