Steuer für Ehrliche

Fehlende Kontrolle – Gericht erklärt Steuer auf Aktiengewinne 1994–96 für verfassungswidrig

MÜNSTER afp ■ Die Spekulationsteuer auf Aktiengewinne in den Jahren 1994 bis 1996 war nach Ansicht des Finanzgerichts Münster verfassungswidrig. Wie das Gericht gestern mitteilte, wird es dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe die Frage vorlegen, ob die Vorschriften des Einkommensteuergesetzes nichtig sind. Sollten die Verfassungshüter diese Ansicht teilen, haben alle Betroffene Anspruch auf die Rückzahlung der Steuer.

Karlsruhe hatte bereits im März 2004 entschieden, dass die Spekulationsteuer für Gewinne in 1997 und 1998 verfassungswidrig war, weil die Steuer wegen fehlender Kontrollmöglichkeiten so gut wie nicht erhoben werden konnte und nur von ehrlichen Bürgern gezahlt worden sei. Dies verstoße jedoch gegen den Gleichheitssatz. Die Steuer habe zu „rechtswidrigem Handeln geradezu“ eingeladen, urteilten die Richter damals. Auf die Jahre danach sei dies aber trotz weiter bestehender Vollzugsdefizite nicht übertragbar, hieß es damals. Dies betonte auch ein Sprecher von Finanzminister Hans Eichel, der Rückzahlungen von bis zu 1,5 Milliarden Euro pro Jahr fürchtet.

Nach Ansicht des Münsteraner Finanzgerichts trifft dies sehr wohl aber auch für die Jahre 1994 bis 1996 zu. Die Richter stellten sich damit gegen die Auffassung des Bundesfinanzhofs. Dieser ist der Auffassung, dass dem Gesetzgeber eine Übergangszeit einzuräumen sei, die für die Besteuerung privater Wertpapiergeschäfte das Jahr 1994 umfasse. Nach Ansicht der Münsteraner war diese Frist aber bereits am 1. Januar 1993 abgelaufen.

(AZ: 10 K 6837/03 E)