CDU-Staatssekretär über Klimaproteste: „Klimaschutz muss bezahlbar sein“

Die SchülerInnenproteste beunruhigen Thomas Bareiß nicht. Sobald sie Geld verdienten, werde sich ihre Einstellung zu teurer Klimapolitik ändern.

Lassen kein gutes Haar an der Klimapolitik der Bundesregierung: Streikende SchülerInnen (in München) Foto: dpa

taz: Herr Bareiß, in den letzten Wochen sind regelmäßig Zehntausende junge Menschen gegen die Klimapolitik der Bundesregierung auf die Straße gegangen. Bei der Europawahl kam die Union bei ErstwählerInnen nur auf 11 Prozent. Sehen Sie eine Chance, die Jugend zurückzugewinnen?

Thomas Bareiß: Davon bin ich überzeugt. Bei so einem großen Thema muss man um den besten Weg leidenschaftlich ringen. Umso besser, dass gerade junge Menschen sich hier einbringen. Ich bin davon überzeugt, dass es gerade an uns, der Volkspartei CDU ist, Klimaschutz und eine wettbewerbsfähige Wirtschaft zu verbinden. Da haben wir grundsätzlich bessere Antworten als die Grünen. Klimaschutz muss auch bezahlbar bleiben und darf nicht auf Kosten des Einzelnen gehen.

Auf Twitter haben Sie geschrieben, wenn die jungen Leute erst mal eigenes Geld verdienen, würden sie schon zur Vernunft kommen. Das kam nicht gut an.

Das hat nicht jedem gefallen, das verstehe ich auch. Manchmal wird gerade auf Twitter zugespitzt, auch wir Politiker müssen das aushalten. Ich wollte einfach zum Ausdruck bringen: Klimaschutz wird uns viel Geld kosten. Ich habe auch nach meinem ersten Lohnzettel eine ganz andere Einstellung zu Steuern und Abgaben bekommen. Ich spüre tagtäglich, dass die Bürger abstrakt für Klimaschutz kämpfen, aber wenn es konkret wird, sinkt die Begeisterung. Das muss man offen diskutieren, sonst kann Politik auf Dauer nicht glaubwürdig sein.

Mein Eindruck ist, dass die Klimakrise den Menschen wirklich Angst macht.

Dass wir das Klima schützen müssen, bestreitet ja auch niemand. Die Frage ist nur, wie machen wir das. Ich halte es für richtig, dass wir Schritt für Schritt vorgehen – auch um Akzeptanz zu schaffen. Und wir haben ja in den letzten Jahren schon viel erreicht.

In den vergangenen 10 Jahren sind die Emissionen in Deutschland kaum gesunken.

Im letzten Jahr allein sind sie um 4,5 Prozent zurückgegangen. Beim Ausbau der erneuerbaren Energien im Strombereich kommen wir schneller voran als geplant. Und wir haben jetzt beschlossen, dass wir in den nächsten 20 Jahren die Kohleenergie verlassen werden. Das sind ganz konkrete Schritte, die wir jetzt angehen werden.

Aber das Klimaziel für 2020 wird krachend verfehlt.

Stimmt! Als wir das 40-Prozent-Ziel für 2020 beschlossen haben, war das noch verbunden mit einer Verlängerung der Laufzeiten der Kernkraftwerke. Stattdessen steigen wir jetzt noch schneller aus, als von Rot-Grün einst beschlossen. Deshalb werden wir das 40-Prozent-Ziel nicht erreichen. Glaubwürdig wäre gewesen, wenn wir das schon damals nach Fukushima offen gesagt hätten. Jetzt wollen wir die richtigen Weichen stellen, dass das 2030-Ziel von 55 Prozent auch eingehalten wird.

Der 44-jährige Bundestagsabgeordnete aus Baden-Württemberg ist seit 2017 als Parlamentarischer Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium mitverantwortlich für die Energiepolitik der Bundesregierung.

Warum sollen die Menschen Ihnen diesmal glauben?

Weil die Zahlen zeigen, dass wir schon viel getan haben in den letzten Jahren. Wir werden jetzt den Kohleausstieg umsetzen und bauen die erneuerbaren Energien schneller aus. Und beim Thema Automobilität haben wir auf europäischer Ebene eine Regulierung, die sehr ambitioniert ist.

Für Fortschritte im Verkehrs- und Gebäudesektor halten viele ExpertInnen eine CO2-Steuer für notwendig. Dazu gibt es in Ihrer Partei ja keine klare Haltung. Wo stehen Sie?

Prinzipiell halte ich einen Preis auf CO2 für eine gute Sache. Im Bereich der Energieversorgung haben wir da mit dem EU-Emissionshandel ein gutes Instrument. Deshalb freue ich mich auf die Debatte, ob ein CO2-Preis der richtige Weg ist, um in anderen Sektoren voranzukommen. Aber auch hier gilt, Für und Wider abzuwägen und die Auswirkungen zu bedenken. Wenn ein Pendler auf dem flachen Land täglich 50 Kilometer zur Arbeit fahren muss, bringt eine CO2-Steuer à la SPD 800 Euro Mehrausgaben.

Wie kommen Sie auf diesen hohen Wert?

Die Experten sagen uns, im Bereich der Mobilität braucht es einen CO2-Preis von 180 bis 250 Euro pro Tonne, um eine Lenkungswirkung zu erzeugen. Das bedeutet dann 40 Cent mehr pro Liter Benzin.

Ist das nicht unrealistisch? Die diskutierten Modelle sehen zum Start 20 bis 60 Euro pro Tonne vor.

Wenn man eine Lenkungsfunktion haben will, muss man aber stark belasten. Wenn es nur um eine reine Steuererhöhung gehen soll, muss man das auch so benennen. So halte ich das dann aber für falsch.

Die Modelle sehen doch vor, dass das Geld über Klimaschecks oder niedrigere Strompreise zurückgegeben wird. Wie soll es zu Mehreinnahmen kommen?

Seien Sie mir nicht böse. Aber beim Soli hat man damals auch gesagt, dass er wieder abgeschafft wird, wenn die Aufgabe erledigt ist. Trotzdem weigert sich die SPD, das komplett zu tun. Im politischen Alltag, wenn wir um Vertrauen bei den Bürgern werben wollen, kommen solchen Begriffe wie „aufkommensneutral“ nicht an. Deshalb brauchen wir da bessere und intelligentere Lösungen.

Ob das die SchülerInnen überzeugt?

Wir machen Klimapolitik auf einer soliden Grundlage. Ich glaube, das kann man auch den jungen Menschen erklären.

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