heute in hamburg
: „Die Leute sind weit draußen gelandet“

Foto: privat

Niels Boeing, 52, ist Journalist und im Netzwerk „Recht auf Stadt“ aktiv. Mit seiner Band „Die Handlung“ probte er vor dessen Stilllegung im Musikbunker Otzenstraße.

Interview Marthe Ruddat

taz: Herr Boeing, seit November letzten Jahres dürfen die Proberäume im Bunker in der Otzenstraße nicht mehr genutzt werden. Wo proben Sie jetzt mit ihrer Band?

Niels Boeing: Im Moment sind wir in einem kleinen Proberaum in der Jägerpassage in St. Pauli untergekommen. Da sind insgesamt fünf Bands drin, es ist sehr eng.

Hatten denn alle Musiker*innen das Glück, so zentral Ersatzräume zu finden?

Nein. Die Leute sind teilweise sehr weit draußen gelandet. Das Weiteste, von dem ich gehört habe, ist Ahrensburg. Das kann wirklich nicht sein.

Der Bunker ist wegen nicht eingehaltener Lärmschutzvorschriften stillgelegt worden. Er ist in Privatbesitz, trotzdem sehen Sie die Stadt in der Pflicht, zu investieren. Warum?

Der jetzige Eigentümer führt noch einen Rechtsstreit mit dem Voreigentümer. Dabei geht es um die Frage, ob er beim Kauf über den Sanierungsbedarf informiert war oder nicht. Unabhängig davon sehe ich die Stadt in der Pflicht, weil sie sich als Musikstadt vermarktet. Das heißt aber mehr, als eine Laeiszhalle zu haben oder eine Elbphilharmonie zu bauen. Die Stadt muss auch dafür sorgen, dass neue Musik nachkommt. Und die muss ja irgendwo erfunden werden. Dafür braucht es Proberäume

Nun scheint es vorwärts zu gehen.

Wir haben uns im Dezember an die Kulturbehörde und Parteien gewandt. Man muss wirklich sagen: Die Grünen haben ziemlich schnell erkannt, dass da etwas passieren muss. Das würde man sich bei manch anderem Konflikt in der Stadt auch so wünschen.

Pressetermin von Grünen und SPD, die am Musikbunker in der Otzenstraße über ihre Pläne für die Proberäume informieren wollen: 14 Uhr, Otzenstraße 28

Was genau ist geplant?

Die Bürgerschaft will den Eigentümer finanziell unterstützen, wenn er den Bunker in einen ordnungsgemäßen Zustand bringt. Dafür soll auf den Sanierungsfonds zugegriffen werden. An diese Unterstützung sollen Auflagen geknüpft sein. Die Idee ist, dass alle Bands, die vorher dort geprobt haben, wieder zurückkehren können. Die Mieten sollen angemessen und die Nebenkosten transparent sein.

Das klingt schon sehr konkret. Können die Bands bald wieder im Bunker proben?

Ein Datum gibt es noch nicht. Die Bürgerschaft wird das wohl nach der Sommerpause beschließen. Die Sanierung würde nur etwa ein halbes Jahr dauern, aber es hängt am Eigentümer, wann sie beginnt. Und wenn der abwartet, bis der Rechtsstreit mit dem Voreigentümer beendet ist, kann es leider noch unangenehm lange dauern, bis wir zurückkehren können.