„Ich werde nicht den Mund halten“

ENTSCHLOSSENHEIT Omer Goldmann hat in Israel den Kriegsdienst verweigert. Dafür kam sie ins Gefängnis. Sie wehrt sich gegen die Militarisierung der israelischen Gesellschaft. Ihr Vater aber war lange Chef beim Mossad

Ihr Leben: Omer Goldmann, 20, soll nach der Schule, wie alle jungen Israelis, zum Militärdienst. Aber sie ist gegen die Besetzungen in den palästinensischen Gebieten, sie kritisiert die israelische Sicherheitspolitik, und sie verweigert den Kriegsdienst. Dafür geht sie 2008 ins Gefängnis. Und an die Öffentlichkeit. Die Medien berichten gern über sie, denn ihr Vater war lange Jahre Vizechef des israelischen Geheimdienstes Mossad.

Ihre Bewegung: Omer Goldmann gehört der Bewegung der Schministim an. So bezeichnen sich alle SchulabgängerInnen eines Jahrgangs, die nicht zum Militär wollen. In Goldmanns Jahrgang sind es sieben junge Frauen und zwei junge Männer, die den Kriegsdienst verweigern.

Ihr Land: Wer in Israel den Kriegsdienst verweigern will, braucht Mut und Entschlossenheit. Denn das Militär ist in der israelischen Gesellschaft allgegenwärtig und fast unhinterfragbar.

INTERVIEW WALTRAUD SCHWAB
UND LUISE STROTHMANN
FOTO WOLFGANG BORRS

taz: Frau Goldmann, Sie leben in Israel …

Omer Goldmann: … Waren Sie mal da? Sie müssen mein Land besuchen. Sie müssen sich das angucken. Sie werden spüren, wie angespannt die Lage ist. Die Polizei geht sehr aggressiv gegen Kritiker der israelischen Politik vor. Diese Woche kam wieder ein Freund von mir aus der linken Gruppe „Anarchisten gegen den Krieg“ ins Gefängnis.

Warum?

Er hat sich den Baggern in den Weg gestellt, die im Westjordanland Häuser von Palästinensern zerstören.

Kommen Sie demnächst auch wieder ins Gefängnis – wegen Ihrer Kriegsdienstverweigerung?

Nein, ich bin jetzt aus medizinischen Gründen freigestellt.

Müssen in Israel alle, die die Schule beendet haben, zum Militär?

Ausnahmen gibt es aus religiösen, psychischen oder medizinischen Gründen. Eigentlich müsste man auch aus Gewissensgründen den Militärdienst verweigern dürfen. Aber es ist so gut wie unmöglich, als Kriegsdienstverweigerer in Israel anerkannt zu werden.

Sind Sie sicher?

Ich kenne niemanden, der das geschafft hat. In der Gewissensprüfungskommission sitzen fünf Generäle. Sie stellen dir blöde Fragen: Was würdest du tun, wenn sie ein Gewehr an deine Schläfe hielten und deine Schwester vergewaltigten? Wie kannst du eine Pazifistin sein, wenn du auf eine Ameise trittst?

Wurden Sie das gefragt?

Ich habe gar keinen Antrag auf Kriegsdienstverweigerung gestellt. Ich bin Totalverweigerin. Ich wollte nicht, dass Generäle meine Gesinnung beurteilen. Aber meine Freunde haben das so erlebt. Du brauchst nur das Wort Besetzung aussprechen und du fällst durch. Alle meine Freunde sind durchgefallen.

Wir war es dann bei Ihnen?

Ich habe mich am Tag meines Einberufungsbefehls in der Kaserne gemeldet und gesagt, dass ich verweigere.

Was passierte dann?

Sie lassen dich den ganzen Tag warten. Und dann stecken sie dich ins Gefängnis.

Sie gehören einer Organisation an, den Schministim. So heißen die Schulabgänger und -abgängerinnen eines Jahrgangs, die den Kriegsdienst verweigern.

Wir waren insgesamt sieben Mädchen und zwei Jungen in meinem Jahrgang, die den Kriegsdienst verweigerten und dafür ins Gefängnis kamen. Es war das erste Mal, dass eine so große Gruppe von Mädchen verweigerte.

Und Sie kamen alle zusammen ins Gefängnis?

Nein. Jede von uns wurde an einem anderen Tag in die Kaserne gerufen. Ich war aber mit zwei Freundinnen zusammen im Gefängnis.

Wie muss man sich das genau vorstellen? Sie kommen in die Kaserne und sagen laut „Nein“?

Wir sind schon mit einer Demonstration zur Kaserne gegangen. Dann betrittst du die Kaserne, musst dich in eine Reihe stellen, kriegst eine Nummer, eine Uniform. Diese Prozedur verweigerte ich. Sie sagten: „Okay, setzt dich mal da drüben hin.“ Wenn sie merken, es ist ernst, kann es sein, dass sie dich anschreien, dich rumstehen lassen, irgendwie versuchen, deinen Widerstand zu brechen. Funktioniert das auch nicht, musst du vor einen Richter treten, dem du sagst, dass du verweigerst.

Ihr Fall war ein wenig anders. Sie hatten ja schon im Vorfeld angekündigt, dass Sie den Militärdienst verweigern.

Ja, die Leute in der Kaserne wussten, dass wir kommen und dass wir es ernst meinten mit unserer Verweigerung. Die beiden Freundinnen, mit denen ich zusammen war, hätten sich eigentlich zwei Tage früher zum Dienst melden müssen. Das haben sie nicht gemacht. Sie sind zwei Tage abgetaucht und dann sind wir drei zusammen hingegangen. Ich wurde, wegen der ganzen Öffentlichkeit, ziemlich schnell ins Gefängnis gebracht.

Der Richter, dem sie vorgeführt wurden, wie reagierte der?

Der fragte: Warum willst du nicht zum Militär? Das geht nicht, dass man den Dienst verweigert. Ich antwortete: Sie können sagen, was Sie wollen, ich habe meine moralischen Prinzipien. Ich habe das demokratische Recht, mich Sachen zu verweigern, die ich für falsch halte. Daraufhin musste ich für 21 Tage ins Gefängnis.

Was für ein Gefängnis war das?

Ein Militärgefängnis für Frauen, ausgelegt für 60 Frauen. Es gibt nur zwei Zellen für je 30 Mädchen. Also stellen Sie sich vor: Hier waren wir, die gefährlichsten 60 Frauen im Militär. Aber keine von uns war wirklich gefährlich. Einige hatten überhaupt keine Ahnung, was der Militärdienst bedeutet. Äthiopische, russische Mädchen waren darunter. Manche waren einfach nur geschockt, als sie den Militäralltag sahen.

Sie sagen immer Mädchen.

Wir waren alle um die 20.

Sie waren 30 in der Zelle?

Wir mussten alle amerikanische Uniformen anziehen – Geschenke der US-Armee an Israel. Es sah fast aus wie auf einer Pyjama-Party. Nein, es war schrecklich.

Wie ging es danach weiter?

Nach dem Arrest soll man sich wieder in der Kaserne melden. Du gehst hin, verweigerst wieder, kommst wieder vor einen Richter, musst wieder ins Gefängnis. Beim zweiten Mal schickten sie mich 14 Tage ins Gefängnis. So geht das hin und her. Insgesamt war ich zwei Monate lang eine Gefangene. Ich habe dort fünf Kilo abgenommen. Ich wog am Ende noch 42 Kilo. Es ging mir nicht gut. Die Verantwortlichen wussten, dass sie mich aus gesundheitlichen Gründen loswerden müssen.

Das klingt nach Hungerstreik.

Nein, ich bin Vegetarierin. Das hat die Gefängnisverwaltung aber nicht interessiert. Ich hab gegessen, was ich essen konnte.

Und die anderen Schministim aus Ihrem Jahrgang?

„Mir gefällt Berlin. Ich hoffe, dass es in Israel auch eines Tages möglich sein wird, ohne Mauer zu leben“

Die meisten Kriegsdienstverweigerer versuchen aus medizinischen Gründen freizukommen. Sonst geht man zwei Jahre lange rein ins Gefängnis, wieder zur Kaserne, wieder ins Gefängnis. Es gibt Schministim-Jahrgänge, die das so machen. Schministim gibt es ja seit den Siebzigerjahren, seit dem Jom-Kippur-Krieg. Jeder Jahrgang hat seine eigenen Abmachungen. Unser Jahrgang hatte vereinbart, dass wir alles daransetzen, mit medizinischen Attesten rauszukommen. Weil wir keinen Sinn darin sehen, zwei Jahre zwischen Kaserne und Gefängnis zu verbringen. Wir wollen stattdessen so viel Lärm machen und Öffentlichkeit herstellen gegen die Besatzung im Gazastreifen und im Westjordanland wie möglich.

Bei Ihnen klappte das mit der Öffentlichkeit besonders gut. Ihr Vater war der zweitwichtigste Mann beim israelischen Geheimdienst Mossad.

Das ist so traurig, dass sich die Leute viel mehr für private Geschichten interessieren als für das menschliche Leid. Es interessiert sie nicht, dass Palästinenser umkommen. Es interessiert sie nicht, dass eine Mauer gebaut wird. Sie wollen die Homestory: Tochter eines Mossad-Chefs verweigert den Kriegsdienst. Warum ich das mache, ist ihnen nicht so wichtig. Ich musste meine Geschichte vermarkten, damit ich erzählen konnte, was ich falsch finde an der israelischen Gesellschaft. Dass Leute in einem Ghetto leben. Dass Leute keine Arbeit haben. Dass Leute Angst haben müssen, erschossen zu werden.

Wurden Sie besonders politisiert, weil ihr Vater beim Mossad war?

Ich habe nur meine ersten drei Jahre mit ihm gelebt. Meine Eltern sind geschieden. Trotzdem sind wir gute Freunde. Und so verschieden sind wir auch nicht. Wir kämpfen beide für etwas, was wir richtig finden. Das hat er respektiert. Mein Vater ist ein hoher General. Wenn man, wie er, in diesem militärischen System groß wird, versteht man irgendwann, was es mit den Menschen macht, wenn sie dauernd mit Krieg zu tun haben. Wenn man es richtig versteht, muss man irgendwann behaupten, dass man den Frieden wählt. Ich suche einfach einen anderen Weg zum Frieden als er. Ich suche einen gewaltlosen Weg. Ich rede. Ich unterhalte mich.

Wo kommt die Entschlossenheit her, mit der Sie sich dem Militär verweigern?

Wenn du in Israel lebst, dann ist das fast so, als gehörte das Militärische zum Menschsein dazu. Da ist eine die ganze Gesellschaft durchdringende Glorifizierung des Militärs. Ich bin froh, dass ich aufgewacht bin, dass ich das infrage stellen kann.

Wo erleben Sie denn das Militärische in der Gesellschaft?

Die Armee ist allgegenwärtig. Unsere Schulbücher sind voller Erklärungen, warum es wichtig ist, dass wir uns verteidigen. Dahinter steckt immer das Bild von einem Feind. Universelle Werte wie Solidarität, Frieden, Humanität, Geduld anderen Kulturen gegenüber, die gehen dabei verloren. Der Protest unserer Organisation richtet sich nicht gegen die Armee, sondern gegen die israelische Regierung. Wir verweigern uns dem, was unsere Regierung will. Wie Gandhi, wie Martin Luther King. Wir üben zivilen Ungehorsam. Dass man für zivilen Ungehorsam ins Gefängnis kommt, ist zutiefst inhuman. Es ist in Israel wirklich ganz normal, dass man zur Armee geht. Soldat sein, das ist wie atmen, wie essen, wie lernen. Es ist sehr schwer, sich dagegen zu stellen.

Ist der Armeedienst in Israel so was wie eine Initiation?

Die Armee wird verklärt. Ein junger Mensch in Uniform gilt als attraktiv in unserer Gesellschaft. Erst wenn man bei der Armee war, gehört man zur Welt der Erwachsenen.

Braucht Israel die Demonstration militärischer Stärke?

Jedes Land kann, wenn es das für notwendig hält, eine Verteidigungsarmee haben. Wenn Israel das Gefühl hat, sich verteidigen zu müssen, dann kann es eine Verteidigungsarmee haben. Aber Israel greift an und nennt es verteidigen. Das ist falsch. Dafür gibt es keine Legitimation. Von mir aus kann jedes Land auch eine Mauer bauen. Ich halte das zwar für Blödsinn, trotzdem, wenn Israel meint, es braucht eine Mauer, dann soll es die bauen – aber nicht wie jetzt auf palästinensischem Territorium. Israel fügt den Palästinensern viel Leid zu. Es sieht aus, als wiederhole Israel Geschichte, wenn auch auf eine andere Art und Weise.

Wie kommt es, dass Sie das alles so kritisch sehen?

Ich war schon immer sehr rebellisch. Und ich habe mich gewehrt, wenn ich etwas ungerecht fand. Dass Jungen Fußball spielen dürfen, aber Mädchen nicht. Ich habe als Erstes so was wie feministische Ideen gesehen. Meine Idole waren Eleanor Roosevelt und Martin Luther King. Ich war auch in der Jugendorganisation der linken Bürgerrechtspartei Meretz. Und dann habe ich immer mehr Unterschiede gesehen, Schwarz und Weiß, Arm und Reich. Religion. Geschichte. Aber bis ich das auf die israelisch-palästinensische Situation übertragen habe, das dauerte.

Was hat dazu dann den Ausschlag gegeben?

Der zweite Krieg im Libanon 2006. Mein Vater war damals noch in der Armee. Und ich entwickelte mich immer mehr zu einem Hippie. Ich hörte mir Love-and-Peace-Musik an. Ich erinnere mich, dass ich meinen Vater traf und mir seine Version des Krieges anhörte. Dann habe ich Nachrichten gesehen und hörte auch, was andere Leute darüber sagten. Plötzlich habe ich diesen Krieg aus vielen verschiedenen Blickwinkeln wahrgenommen. Am Ende des Krieges, als klar war, dass viele Leute getötet und nichts erreicht wurde, dass die Hisbollah viel stärker ist als davor, da bin ich zu meiner ersten Demonstration gegen den Krieg gegangen. Dann habe ich eine Zigarette mit meiner Freundin geraucht, die auch nicht zur Armee wollte. Und da sagten wir: Okay, vielleicht sollten wir nicht zur Armee. So fing das an.

Sie sind dann auch ins Westjordanland gefahren, um für Frieden zu demonstrieren. Wie war das beim ersten Mal?

Ich war zum ersten Mal dort, als ich 18 war. Ich hatte echt keine Ahnung, was passieren würde. Ich wollte es einfach sehen, und ich bin mit einer Sehnsucht nach Menschlichkeit da hingefahren. In der Schule lernst du, dass Palästinenser Terroristen sind. Wenn du mit ihnen spricht, siehst du, dass es Menschen sind. Wenn du als Israeli zum ersten Mal mit einem Palästinenser sprichst, dann bist du ganz perplex, dass er kein Monster ist. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass es auf der Demo zu Gewalt kommen könnte. Dass israelische Soldaten uns beschießen. Dass Freunde verletzt werden. Freunde sterben.

Sie hatten Freunde, die starben?

Einmal waren wir bei einer Demonstration im Dorf Ni’lin nah an der Grenze. Die Soldaten haben geschossen. Wir versteckten uns in einem medizinischen Zentrum. Die Soldaten haben reingeschossen. Ich gehe da nicht mehr hin, weil ich Angst habe. Ein Freund von mir aus den USA wurde am Kopf getroffen und liegt immer noch im Krankenhaus. Bei einer anderen Demo wurde ein palästinensischer Bekannter aus dem Dorf Bi’lin, erschossen. Sie schießen dieses neue Tränengas direkt auf deinen Körper. Oder Gummigeschosse. Auf mich haben sie auch geschossen.

Glauben Sie, dass Sie schneller erwachsen wurden durch solche Erfahrungen?

Ich weiß nicht, wie es Ihnen ginge, wenn Sie für Frieden demonstrieren und beschossen werden. Oder dieser Angriff Israels auf den Gazastreifen Ende 2008. Das war eine solche Schande. Ich war zwei Monate nur wütend. Wir haben jeden Tag demonstriert. Ich arbeitete damals in einer Bar. Meine Kollegen applaudierten, wenn sie hörten, dass Palästinenser umkamen. „Super, wir sind wieder 50 los.“ Oder 100. Oder so. Und ich bin auf die Toilette gegangen, weil mir schlecht wurde. Das war die härteste Zeit in meinen Leben. Ich hab das vorher nicht geglaubt, dass Leute so blind sein können.

Begehren viele junge Leute auf so wie Sie?

Ich empfinde die meisten jungen Leute als abgestumpft. Es interessiert sie nicht, was in den besetzten Gebieten passiert. Es interessiert sie nicht, dass es in Israel Armut gibt. Davon erfahren sie nichts. Kritisches Denken wird nicht unterrichtet.

„Es gibt nur zwei Zellen für je 30 Mädchen: Hier waren wir, die gefährlichsten 60 Frauen im Militär“

Machen die sich wirklich keine Gedanken um solche Themen?

Kommen Sie, gucken Sie es sich an. Die wenigsten in Israel stört der militärische Mythos. Niemand nimmt im öffentlichen Leben Anstoß daran, dass überall Soldaten mit M 16-Gewehren rumlaufen. In jedem Zug, an jeder Straßenecke. Eine M 16, verstehen Sie, ist ein ganz normaler Gegenstand. Es ist normal für Leute, neben einer M 16 zu schlafen. Sie akzeptieren das. Viele, die das nicht ertragen, die das System kritisieren und Widerstand leisten, geben auf. Sie gehen dahin, wo die Gesellschaft nicht so brutalisiert ist. In Berlin etwa, da leben viele junge Israelis.

Sie sind gerade in Berlin. Wollen Sie auch bleiben?

Nein, ich brauchte einfach eine Pause, ich war ziemlich fertig nach der ganzen Zeit. Aber mir gefällt Berlin. Ich hoffe, dass es in Israel auch eines Tages möglich sein wird, ohne Mauer zu leben.

Ihr Name, Goldmann, klingt deutsch?

Mein Großvater war aus Berlin. Er musste emigrieren.

Wissen Sie etwas von ihm aus seiner Berliner Zeit?

Nein. Er war noch jung, als er von Berlin wegging. In Israel war er in der Filmbranche. Er hatte ein berühmtes Kino.

Wie sehen Sie Ihre Zukunft?

Ich möchte Schauspielerin werden. Mein großer Wunsch. Ich weiß, das wird sehr schwer in Israel. Die Armee legt Künstlern, die den Militärdienst nicht gemacht haben, Steine in den Weg. Ich werde die Leute davon überzeugen müssen, dass politische Meinung das eine ist und Schauspielkunst etwas anderes. Aber in Israel hat alles mit deinen politischen Überzeugungen zu tun. Ich hoffe, dass ich, wenn ich erfolgreich bin, trotzdem weiter kämpfen werde. Ich werde nicht den Mund halten. Ich hoffe, sie verbrennen mich nicht.

Das klingt pathetisch.

Können Sie sich nicht vorstellen, wie das war, die letzten Monate? Wegen meiner persönlichen Geschichte als Tochter eines Mossad-Chefs war es möglich, dass ich in den Medien auch über meine politischen Überzeugungen sprechen konnte. Aber dann die ganze Auseinandersetzung mit den Leuten auf der Straße. Die Beschimpfungen, die Abweisung, die Diskussionen mit Verwandten und Freunden, die bei der Armee sind. Ich stelle ja deren Entscheidungen durch meine Kriegsdienstverweigerung infrage.

Trotzdem wollen Sie zurück nach Israel?

Verstehen Sie, Schauspiel hat mit Sprache zu tun. Sie müssen es in der Sprache machen, in der Sie sich gut auskennen. Ich bin geboren, wo ich geboren bin. Ich will da nicht weglaufen. Sprache hat mit Identität zu tun. Und Worte haben eine große Macht. Dein Leben kann zerstört werden mit einem einzigen Satz. Aber Israel ist mir wichtig. Ich will Einfluss auf die Gesellschaft nehmen. Das ist mein Weg und den gehe ich. Deshalb muss ich dort leben. Urlaub mache ich gern außerhalb. Ich ginge, wenn es ginge, gern auf Partys in Beirut, ich würde gern Schnee in Syrien sehen.

Waltraud Schwab, sonntaz-Reporterin, findet es schwer, Israel zu verstehen

Luise Strothmann, taz-Volontärin, war noch nie in Israel, trifft aber häufig Israelis in Berlin