Touristen versus Anwohner: Verdichtung vorgesehen

Am Checkpoint Charlie soll statt neuer Shoppingmöglichkeiten Platz für Wohnen und kleinteiliges Gewerbe geschaffen werden.

Noch wirkt der Checkpoint Charlie wie eine Fehlstelle im Stadtgefüge Foto: dpa

Vergangener Sonnabend am Checkpoint Charlie, zwölf Uhr mittags: High Noon im Bürgerbeteiligungsverfahren um die zukünftige Gestaltung der letzten freien Flächen rechts und links der Friedrichstraße am Checkpoint Charlie. Zwischen den all den Touristen sind zwei Marktstände vor der BlackBox Kalter Krieg Ecke Zimmerstraße aufgebaut und ein paar Sitzgelegenheiten neu platziert worden. Mappen mit dem Bebauungsplan liegen aus – man muss die entsprechende Karte nur zu lesen wissen. Aber man darf ja Fragen stellen.

Manfred Kühne, Abteilungsleiter in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und zuständig für dieses Gebiet von „außergewöhnlicher stadtpolitischer Bedeutung“, ist auch gekommen. Seine Behörde hat den neuen B-Plan erarbeitet. Kühne erklärt vor hingestreckten Mikrofonen und gezückten Notizblöcken, was an den Planungen neu ist. Es handelt sich vornehmlich um zwei Flächen beiderseits der Friedrichstraße.

Auf der westlichen Seite, im Vorfeld, wo heute der Rundbau des Mauerpanoramas steht, soll ein fünfeckiger Stadtplatz erhalten bleiben. Und auf der gegenüberliegenden Straßenseite ist ein erweiterter Vorplatz des geplanten Mauermuseums geplant. Diesen „Bildungs‑ und Erinnerungsort“ gab es an dieser Stelle in den bisherigen Planungen nicht. Die Stiftung Berliner Mauer wollte stattdessen als Mieter teils unterirdisch irgendwo in der Investorenarchitektur unterkommen. Jetzt soll das Museum sogar einen eigenen Eingang bekommen Der Rest der zum Bauen freigegebenen Flächen bis zur Schützenstraße bleibt im aktuellen B-Plan für Wohnen und kleinteiliges Gewerbe reserviert.

Hotel kommt nicht

Der Bau eines Hardrock Hotels ist damit vom Tisch. Der Immobilienentwickler Trockland hatte das eigentlich vorgehabt. Doch der Senat, der im vergangenen Sommer mit Trockland schon einmal einen „Letter of Intent“ unterzeichnet hatte, hat es sich anders überlegt. Trockland war im Winter wegen dubioser Geldquellen ins Gerede gekommen. Trockland weist zwar alle Anschuldigungen zurück, aber nun wird von Senatsseite – zumindest offiziell – ohne einen festen Investor geplant. Zumal Trockland inzwischen eine Kaufoption des Insolvenzverwalters für die mit hoher Grundschuld belasteten Flächen am Checkpoint Charlie verstreichen ließ. Doch Trockland würde offenbar weiterhin gerne bauen, so die Auskunft der Firmenvertreter, die sich am Sonnabend ebenfalls vor Ort eingefunden hatten.

Für mögliche Investoren wird die Renditeerwartung durch den neu gefassten B-Plan allerdings wohl deutlich gemindert. Weder Hotel noch weitflächige Shopping-Einrichtungen sind mehr erlaubt. Dafür dominiert das Wohnen. Bis zu 300 Wohneinheiten wären jetzt möglich.

Was der B-Plan allerdings nicht regelt, ist die Verkehrssituation in diesem zukünftig doch stark verdichteten Quartier. Auf der Straße herrscht nicht selten Chaos durch die vielen querenden Touristen, den parkenden Reisebussen und den passierenden Autos und Radfahrern. Auch der Denkmalschutz, der die bestehenden Brandwände und die im Boden schlummernden Relikte der einstigen Grenzanlagen gern gesichert und ausgestellt sehen möchte, hat kaum eine Lobby.

Die Interessenlage beim Checkpoint Charlie scheint also zwischen Touristen, Anwohnern, möglichen Investoren und Verwaltung weiterhin unübersichtlich. Das Vorkaufsrecht des Landes hat der Senat bislang aus Kostengründen gescheut. Aber hätte man damit nicht die einmalige Chance, diese Fehlstelle im Stadtgefüge als Erinnerungszeichen für die Teilung im Kalten Krieg offen zu halten? Eine fast flächendeckende Bebauung, wie im B-Plan ausgewiesen, würde die besondere Bedeutung des Orts im Grunde verunklaren.

Der Bebauungsplan liegt vom 1. Juli bis 2. August bei der Senatsverwaltung Stadtentwicklung, Württembergische Straße 6, für Kommentare aus. www.stadtentwicklung.berlin.de

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