Aktionen von „Fridays for Future“ in NRW: Radikalisieren verboten!

Etwa 20.000 Demonstrierende werden auf der Kundgebung von Fridays for Future in Aachen erwartet. Die Polizei kündigt Großeinsätze an.

Schüler nehmen an einer «Fridays for Future»-Klimademonstration teil und schubsen einen übergroßen Erdball umher

Es geht um's Ganze: Klimastreik in Lund, Schweden Foto: dpa

AACHEN taz | Zigtausende Menschen am Tivoli-Stadion: Aachen ist jetzt schon aufgeregt. Allerdings gilt die Vorfreude eher dem anstehenden DFB-Pokalspiel von Regionalligist Alemannia Anfang August gegen Bayer Leverkusen, weniger dem europaweiten „Fridays for Future“-Streik. Die Großdemo für eine engagiertere Klimapolitik, zu der die OrganisatorInnen für diesen Freitag aufgerufen haben, erzeugt deutlich gespaltenere Gefühle.

Oberbürgermeister Marcel Philipp (CDU) etwa sagte zunächst nichts. Erst nach dem Absturz seiner Partei bei der Europawahl auch in Aachen (Grüne auf Platz 1) gab es dann doch ein paar pflichtschuldig wirkende Worte – auch ein „Wir sollten das ernst nehmen.“

Den Wunsch der Kids nach Schlafplätzen in Sporthallen blockte die Stadt ab. Und bei einer Pressekonferenz zur Demo-Sicherheit konnte sich Philipp nicht mal ein Grußwort abringen. Nur: Ein „Stab für außergewöhnliche Ereignisse“ sei eingerichtet, Aachen werde in „einem verkehrlich ungewöhnlichen Zustand“ sein. Kurz: dicht.

Die vermutlich 20.000 Demonstrierenden werden in fünf Säulen durch die Stadt laufen und sich zur Kundgebung auf dem Stadionvorplatz treffen. Das angrenzende Parkhaus soll Schlafstätte sein – Schlafsack und Matten sind mitzubringen. Einen Namen haben die Fridays-Organisatoren ihm schon verpasst: Parkhotel.

Frischluft und Fluchtwege

Ortsbesichtigung am Donnerstagmorgen: Hunderte mobile Zäune werden gerade verteilt, die letzten Autos haben die Abschleppandrohung ernst genommen. Das 50.000 Quadratmeter große Parkhaus wurde in zehn Jahren kaum genutzt. Deshalb halten sich Öllachen, Taubenkot auf dem Schlafareal und verschmierte Tierkadaverreste in Grenzen. Frischluft und Fluchtwege gibt es reichlich – ein zweites Duisburg scheint in der Betonwüste bei der Klima Parade unwahrscheinlich.

Im Stadion ist gerade sattelschlepperweise neuer Rollrasen angekarrt worden. Der Innenraum ist für Fridays for Future tabu: schlechte Erfahrungen mit anderen Großveranstaltungen. Die Absperrungen sind indes niedlich klein. Viele junge Leute aus zwanzig Ländern werden gucken wollen, wo sie gelandet sind. Ob das zu sichern ist?

Ärger gibt es derweil an der Hochschule RWTH. Eine Vollversammlung der 45.000 Studierenden sollte sich am Donnerstag mit der Kundgebung und mit dem Klimanotstand beschäftigen, den der Stadtrat am Mittwochabend als vierte Kommune in Deutschland ausgerufen hat. Doch plötzliche Security-Forderungen der Verwaltung waren nicht zu stemmen. Von „überzogenen Auflagen“ und „antidemokratischen Tendenzen“ spricht die Hochschulgruppe dielinke.SDS. Verdacht: „Die Verstrickungen zwischen der RWTH und Konzernen wie RWE sind sehr dicht.“

„Vor unseren Augen wird aktiv unser Klima zerstört. Das nehmen wir nicht hin!“

Nach der Nacht im Parkhotel werden sich viele SchülerInnen per Zug und Bus-Shuttle nach Garzweiler aufmachen, 50 Kilometer entfernt, zur geplanten Besetzung der RWE-Braunkohlebagger durch die Anti-Kohle-Initiative Ende Gelände: „Vor unseren Augen wird aktiv unser Klima zerstört. Das nehmen wir nicht hin!“, heißt es.

Die Polizei polarisiert derweil: kündigt Großeinsätze an und droht mit der „Strafbarkeitsfalle“. Dabei sind etwa 13-Jährige noch gar nicht strafmündig.

Für Reibung sorgt Dirk Weinspach, Grünen-Mitglied und Aachens Polizeipräsident. Denn dieser erklärt sich im Zwiespalt: „Die jungen Menschen sollen sich politisieren, aber wir müssen verhindern, dass sie sich radikalisieren.“ Am Samstag, sagt er, würden viele der Demonstrierenden zum ersten Mal direkt der Polizei begegnen: „Dieser Eindruck wird prägend sein, das ist unsere immense Verantwortung.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.