Für eine faire Wahl

Der letzte Urnengangin Istanbul wurde von den Machthabern für ungültig erklärt. Wie Tausende Menschen dafür sorgen wollen, dass das nicht nochmals geschieht

Eine der wichtigsten Fragen für die am Sonntag anstehende Wiederholungswahl des Istanbuler Oberbürgermeisters ist: Wie kann man verhindern, dass die Wahlergebnisse manipuliert werden?

„Eine Garantie geben, dass es nicht passiert, können wir natürlich nicht“, sagt dazu der bei der CHP, der Partei Ekrem İmamoğlus, zuständige Wahlkampfmanager Oğuz Kaan Salıcı. „Doch was man tun kann, werden wir tun.“ Wohl kaum zuvor wurde eine Wahl in der Türkei so genau beobachtet wie die jetzt kommende in Istanbul.

Neben den CHP-Mitgliedern haben sich Tausende Freiwillige aus dem ganzen Land gemeldet. Außerdem will die Istanbuler Anwaltskammer mit Unterstützung von Rechtsanwälten aus der ganzen Türkei dafür sorgen, dass es keine Unregelmäßigkeiten gibt.

Die unabhängige Wahlbeobachterorganisation „Oy ve Ötesi“ („Stimmen und mehr“) hat nach eigenen Angaben knapp 9.000 Freiwillige organisiert, die ebenfalls die Wahlurnen bewachen wollen.

Dazu kommt Unterstützung aus dem Ausland. Der Europarat wird eine große Delegation schicken, deren Mitglieder bereits vor dem Wahltag in Istanbul und Ankara eintreffen werden, um dann mit Kandidaten und Wahlbehörden die Vorbereitungen zur Wahl zu überprüfen. Die deutsche Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth, den türkischen Demokraten seit Langem verbunden, wird ebenfalls vor Ort sein.

Es gibt in Istanbul 31.104 Wahlurnen. Die meisten davon stehen in Schulen und anderen öffentlichen Gebäuden. „Wir werden an jeder dieser Wahlurnen zwei Repräsentanten der CHP haben“, sagt Salıcı. Am Ende des Wahltages werden die Urnen in den Wahllokalen im Beisein der Wahlbeobachter ausgezählt und das Ergebnis schriftlich festgehalten. Die anwesenden Parteienvertreter unterschreiben das Protokoll. Alle Ergebnisse von allen Wahlurnen werden dann auch in die CHP-Zentrale gemeldet, die damit die Zahlen, die die Wahlkommission bekannt gibt, kontrollieren kann. „Wir werden immer wissen, woİmamoğlu steht“, sagt Salıcı. Dasselbe gilt für die Manipulationsversuche durch die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu Ajansı, die mit ihren Zahlen zuletzt bereits früh den Eindruck zu erwecken versucht hatte, dass die AKP Istanbul gewonnen hätte.

Plumpe Wahlfälschung, glaubt deshalb Salıcı, ist in Istanbul nicht mehr zu machen. „Das geht vielleicht noch in der Provinz, wo in Polizeikasernen gewählt wird und keine Parteienvertreter anwesend sind, aber nicht mehr in Istanbul.“

Und wenn die Wahl erneut wegen eines Vorwands für ungültig erklärt wird? „Ein zweites Mal ist das nicht mehr möglich. Die Leute werden das nicht hinnehmen.“ Noch sei die Türkei keine Bananenrepublik, sagt Oguz Kaan Salıcı.

Jürgen Gottschlich