Rot-rot-grüne Koalitionsverhandlungen: Das Herz schlägt in der Mitte

Jamaika hat in Bremen keine Chance – Grüne und Linke stimmen mit großer Mehrheit für Koalitionsverhandlungen mit dem Wahlverlierer SPD.

Maike Schäfer auf dem Landesmitgliederversammlung der Grünen

Schaefers Floskel, dass es „kein einfaches Weiter so“ geben dürfe, erntete an der Basis Applaus Foto: dpa

BREMEN taz | In Bremen stehen die Zeichen auf rot-rot-grün. Auf Parteitagen sprachen sich am Donnerstag über 90 Prozent der Grünen und fast 80 Prozent der Linken für entsprechende Koalitionsverhandlungen mit der SPD aus. Es wäre die erste rot-rot-grüne Regierungskoalition in den westlichen Bundesländern.

Bei der Landtagswahl verloren die seit 73 Jahren regierenden Sozialdemokraten fast neun Prozent der Stimmen und landeten mit nur noch 24,9 Prozent erstmals hinter der CDU, die auf 26,7 Prozent kam. Die Konservativen erklärten sich daraufhin zum Wahlsieger und reklamierten den Bürgermeister-Posten für ihren Spitzenkandidaten Carsten Meyer-Heder. Der hatte als Neueinsteiger deutlich mehr Personenstimmen bekommen als der amtierende Bürgermeister Carsten Sieling. Das Bremer Wahlrecht erlaubt, einzelnen KandidatInnen bis zu fünf Stimmen zu geben.

Die Entscheidung über die künftige Landesregierung Regierung oblag indes den Grünen, die 17,4 Prozent der Stimmen verbucht hatten. Sie hatten sich vor der Wahl auf keine Koalition festgelegt und deshalb neben einem rot-rot-grünen auch ein Jamaika-Bündnis sondiert. Und zwar „sehr ernsthaft“ und „konstruktiv“, wie am Donnerstag mehrfach erklärt wurde. Dabei war von Anfang an klar, dass die inhaltliche Übereinstimmung mit der SPD und der Linken am größten ist. Entsprechend stark betonten zuletzt CDU wie FDP, wie wichtig ihnen der Umweltschutz sei. Beide hatten sich dabei auch von den Forderungen der jeweiligen Bundesparteien abgesetzt.

Am Ende scheiterte eine Jamaika-Koalition weniger an der CDU als an den Liberalen. „Unser Vertrauen in die FDP ist nicht groß genug“, sagte die grüne Spitzenkandidatin Maike Schaefer – und führte dabei das Nein der FDP zu einer CO2-Steuer an, aber auch die Verkehrs- und Bildungspolitik. Eine frühere bremische Landtagsabgeordnete hatte FDP-Chef Christian Lindner gar als „Obera***loch“ bezeichnet – und gleichwohl für eine Jamaika-Koalition geworben; damit war sie an diesem Abend aber eine von ganz wenigen. Und der Saal platze aus allen Nähten.

Die Grünen, die in den vergangenen zwölf Jahren Bremen zusammen mit der SPD regierten, versuchen nun, eine erneute Koalition mit den geschwächten Sozialdemokraten als „Aufbruch“ zu verkaufen. Schaefers auch von anderen oft wiederholte Floskel, dass es jetzt „kein einfaches Weiter so“ geben dürfe, erntete an der Basis großen Applaus.

Der Platz in der Mitte

Zugleich beanspruchen die Grünen eine Führungsrolle in einem rot-rot-grünen Bündnis: „Wir sind das Herz der neuen Koalition“ war auch ein Satz, der auf dem Parteitag immer wieder zu hören war. Dieses Herz sitzt in der „linken Mitte“, wie Parteichef Hermann Kuhn versichert. „Wir sind nicht einfach eine linke Kraft“, sagt auch die langjährige EU-Abgeordnete und frühere Senatorin Helga Trüpel.

Die inhaltlichen Erwartungen der Parteibasis an die Koalitionsverhandlungen sind groß, auch das wurde klar. Einer der neuen Landtagsabgeordneten wollte gar klimapolitische Forderungen mit SPD und Linkspartei aushandeln, die über das eigene Wahlprogramm hinausgehen. Dissens gibt es vor allem mit der Linkspartei – und zwar in finanzpolitischen Fragen. „Wir halten an der Schuldenbremse fest, das wollte Die Linke nicht“, sagte Schaefer.

Wer die Schuldenbremse akzeptiere, unterstütze neoliberale Politik, sagten die Kritiker beim Parteitag der Linken. Doch der langjährige Abgeordnete Klaus-Rainer Rupp, der in der Bremischen Bürgerschaft immer wieder die Schuldenbremse kritisiert hatte, deutete nun an, dass er in der Regierung akzeptieren müsse, dass sie im Grundgesetz stehe.

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