Das
Luftschloss

Statt Elfenbein im Humboldt Forum werden leere Räume zu sehen sein, wenn das Berliner Stadtschloss wirklich wie geplant noch 2019 im Humboldt-Jubiläumsjahr eröffnet

Baustellenbesichtigung 2018 mit Olaf Scholz, dem Herrn der Finanzen Foto: Xander Heinl/Photothek/imago

Von Inga Barthels

Prunkvoll hatte sie werden sollen, die erste Ausstellung im wiedererbauten Berliner Stadtschloss. Doch statt Elfenbein aus aller Welt könnten die Besucher*innen des Humboldt Forums jetzt leere Räume zu sehen bekommen, wenn das Schloss wirklich wie geplant noch 2019 im Humboldt-Jubiläumsjahr eröffnet. Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, hätten mehrere Museen wie das Louvre ihre Leihgaben bereits abgesagt. Der Grund seien mangelnde Daten des Humboldt Forums, wie es dort um Brandschutz, Sicherheitssysteme und Raumklima bestellt ist. Die Klimaanlage sollte laut dem Bericht im Mai starten, was jedoch aufgrund der anhaltenden Bauarbeiten nicht möglich war. Damit fehle die passende Umgebung für die empfindlichen Stücke aus Elfenbein, die Ausstellung könne frühestens im Frühjahr 2020 stattfinden. Das Kulturministerium ließ mitteilen, dass derzeit technisch überprüft werde, ob das Forum Ende des Jahres mit der Ausstellung eröffnet werden könne. Noch ist unklar, ob der Bau bis dahin überhaupt fertig ist. Am 26. Juni bei der Tagung des Stiftungsrats klärt sich, wie weiter vorgegangen wird.

Dieser Tanz um das Eröffnungsdatum reiht sich ein in eine lange Abfolge von Debatten und Hindernissen. Wenn das Stadtschloss tatsächlich ohne Ausstellung öffnen sollte, wirft das ein Licht auf die Urkontroverse des Humboldt Forums: Die Frage, ob das Schloss überhaupt wieder aufgebaut hätte werden sollen. Schon vor der Grundsteinlegung 2013 gab es viele, die die Sinnhaftigkeit der teuren historische Rekonstruktion der Barockfassaden des Schlosses anzweifelten, an dessen Stelle bis 2006 der Palast der Republik stand – insgesamt kostet das Projekt Humboldt Forum über eine halbe Milliarde Euro. Dass die Eröffnung nun eine äußere Hülle ohne Inhalt zeigen könnte, ist in diesem Kontext bezeichnend.

Mit der Entscheidung, ethnologische und asiatische Kunst aus den Dahlemer Museen im Humboldt Forum zu zeigen, begann die zweite Kontroverse, die bis heute andauert: wie umgehen mit Raubkunst und der Vergangenheit Deutschlands als Kolonialmacht? „Da herrscht totale Sklerose“, mit diesen Worten hatte die französische Kunsthistorikerin Bénédicte Savoy die Gründungsintendanten des Humboldt Forums im Sommer 2017 kritisiert. Insbesondere bei der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, dem Hauptnutzer der Räume, mangele es an Willen zu Provenienzforschung und Transparenz, so die Kunsthistorikerin. Seitdem bemühen sich die Gründungsintendanten des Humboldt Forums redlich, ihre Ernsthaftigkeit klarzumachen. So schlug Stiftungspräsident Hermann Parzinger Anfang 2019 einen Gedenkraum vor, in dem im Humboldt Forum an koloniales Unrecht erinnert werden könne.

Das Schloss: eine lange Abfolge von Debatten und Hindernissen

Im Zusammenhang mit dem kolonialen Erbe stand auch die Debatte, ob ein Kreuz die Kuppel des Stadtschlosses zieren soll oder nicht. Kritiker*innen merkten öffentlich an, dass ein Kreuz das falsche Symbol für ein staatliches Museum sei. Insbesondere für eines, das Kunst aus allen Kontinenten zeigt, die teilweise unter fragwürdigen Umständen in deutschen Besitz gebracht wurde. Im Juni 2017 bekräftigte die Stiftung Humboldt Forum, das sie aller Kritik zum Trotz die originalgetreue Rekonstruktion mitsamt Kreuz beschlossen habe. Doch auch diese Entscheidung scheint jetzt plötzlich noch nicht in Stein gemeißelt zu sein.

In den letzten Tagen ging es schließlich darum, wie viel Besucher*innen für den Eintritt zahlen sollten. Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) propagierte ein kostenloses Humboldt Forum, erst mal für drei Jahre als Pilotprojekt. Dagegen rebellierte Berlins Kultursenator Klaus Lederer (Die Linke). Es sei einfach nicht genügend Geld da, als dass die fehlenden Einnahmen nicht auf Kosten der freien Szene oder Kinder- und Jugendtheater gehen würde, so Lederer im Mai. Fazit dieser jüngsten Kontroverse: Zumindest die vom Land Berlin organisierte Ausstellung über die Stadtgeschichte wird Eintritt kosten. Vorausgesetzt natürlich, sie eröffnet irgendwann.