Waldbrände in Brandenburg: „Kiefern sind eine Gefahr“

Der Waldbrandschutzbeauftragte Brandenburgs, Raimund Engel, plädiert angesichts anhaltender Waldbrände für Umforstungen.

Polizei-Hubschrauber, genauer gesagt der angehängte Feuerlöschsack, in Jüterbog Foto: dpa

taz: Herr Engel, wir führen dieses Telefonat in den Mittagsstunden des 5. Juni. Warum ist das Feuer auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz Jüterbog so schwer in den Griff zu bekommen?

Raimund Engel: Das ist auf drehende Winde zurückzu­führen, die anfänglich aus süd­licher Richtung kamen und dann nach Norden gedreht sind. Inzwischen ist das Feuer wieder in den Kernbereich des ­Truppenübungsplatzes ­zurückgekehrt, also ungefähr dahin, wo der Brand am 3. Juni aus­gebrochen ist. Betroffen ist eine Fläche von rund 600 Hekt­ar.

Das brandenburgische Umweltministerium spricht vom größten Waldbrand seit 1990. Sind bei Jüterbog Ortschaften gefährdet – so wie es bei dem Großbrand von Treuenbrietzen vor einem Jahr der Fall war?

Ortschaften sind nicht gefährdet. Von Evakuierungen war nie die Rede. Zwischen den Ortschaften Felgentreu und Frankenförde hat man den Brand zum Halten bekommen. Die Schwierigkeit bei den Löscharbeiten ist, dass es sich um kampfmittelbelastete Flächen handelt. Die Feuerwehr kann da nicht rein. Gelöscht wird ausschließlich mit Hubschraubern, die aus Faltbehältern zweieinhalbtausend Liter abkippen. Aber auch bei den Löscharbeiten von oben müssen Abstände über den kampfmittelbelasteten Flächen eingehalten werden. Schwerpunkt der Bekämpfung aus der Luft sind deshalb Lagen in der Nähe von Ortschaften.

Derzeit ist das nicht der einzige Brand in Brandenburg, oder?

Es gibt immer wieder kleinere Brände. Gerade haben wir einen Flächenbrand an der A15 in Groß Lübbenau. Auch dort hat die Leitstelle umfangreich Kräfte alarmiert.

Ein Drittel aller Waldbrände in Deutschland ereignen sich in Brandenburg. Woran liegt das?

37 Prozent der Fläche Brandenburgs sind bewaldet. 71 Prozent der Bäume sind Kiefern. Es sind arme Standorte und feinsandige Böden, wie sie durch die Eiszeit geprägt worden sind. Mit arm bezeichnet der Förster nährstoffarme und trockene Böden mit wenig Wasserversorgung. Man muss Standort und Klima immer zusammen betrachten: Aus dieser Kombination entwickelt sich eine Vegetation. Mit diesen Verhältnissen kommen nur bestimmte Baumarten zurecht. Und das ist nun mal die Kiefer. Die riesigen Kiefernbestände stellen dann natürlich eine große Gefahr dar, wenn es anfängt zu brennen.

Raimund Engel

54, ist bundesweit der einzige Waldbrandschutzbeauftragte. Er ist im Dienst des Landes Brandenburg und von Beruf Diplom-Forstwirt.

Im letzten Jahr gab es in Brandenburg 512 Waldbrände. Was folgt daraus?

Wir haben schon Schlussfolgerungen gezogen, aber man wird noch weitere ziehen müssen. Wir müssen damit rechnen, dass so etwas öfter vorkommt.

Noch häufiger?

Ja, auch was die Heftigkeit betrifft. Es hat im letzten Jahr wenig geregnet und in diesem Jahr hat es bisher auch kaum geregnet. Das Wasserdefizit wird immer größer. Die Böden trocknen weiter aus, es reichen schon einige wenige Sonnentage bei Temperaturen um die 30 Grad, damit die Waldbrandgefahr extrem steigt. Davor sind wir nicht gefeit. Wir müssen uns anders aufstellen.

Was könnte Brandenburg regional bezogen tun?

Jeder Waldbrand beginnt klein, je schneller man ihn entdeckt, desto besser kann man ihn bekämpfen. Das liegt ja auch in meiner Verantwortung. Mit Unterstützung von EU-Mitteln setzten wir zurzeit alles daran, die Brandfrüherkennung zu modernisieren. Aber wir müssen auch nachhaltig in den Umbau des Waldes in Richtung Laubholz investieren. Langfristig – nicht für uns, sondern für die nächste Generation. In Brandenburg gibt es ja auch Laubwälder mit Eichen-, Buchen- und Birkenbeständen sowie anderen Bäumen. Nicht nur das Land ist da gefordert. Zwei Drittel der hiesigen Wälder sind in privater Hand.

Im Grunewald in Berlin hat es Anfang der Woche auch gebrannt. Haben Sie das mitbekommen?

Ja (lacht). Ich weiß auch, welchen Aufwand man dort betrieben hat (lacht).

Was ist so lustig?

Wenn man sowohl über eine Berufsfeuerwehr als auch über eine Freiwillige Feuerwehr verfügt, kann man da natürlich ganz anders auffahren. Die ­hatten das schnell im Griff. Betroffen von dem Brand waren wohl vier bis fünf Hektar. Bei uns sind das ein bisschen andere Dimensionen. Und wir haben keine Berufsfeuerwehr in der Fläche.

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