Kolumne Press-Schlag: Und Herr Löw hört Schlager

In der Relegation spielen Union und Stuttgart um einen Platz in der nationalen Liga. Doch an der haben die Pokalfinalisten kein Interesse.

Fußball-Bundestrainer Joachim Löw reckt den Daumen

Jogi Nationale: Bundestrainer Joachim Löw vor dem DFB-Pokalfinale Foto: dpa

Nach dem Wochenende kommt der Montag, und nach Europawahl und DFB-Pokal kommt, genau: die Bundesligarelegation. Es fällt auf, dass mit dem FC Bayern und dem RB Leipzig zwei Klubs an diesem Samstag im Pokalfinale standen, denen die nationale Liga nicht viel bedeutet. Kein Wunder also, dass es vorab kaum Anspannung gab, ob denn RB, wie vergangenes Jahr Frankfurt, den Favoriten aus München schlagen könnte.

Die diesjährigen Pokalfinalisten machen beide das große Geld in der Champions League und nehmen die Bundesliga nur noch als Pflichtübung mit: RB ist noch mit Salzburg und New York verbandelt und sieht sich als internationale Marke mit Filiale in Deutschland. Bayern redet ganz offen davon, dass es in eine geschlossene europäische Liga gehört, in der sich Fußballmarken wie Barca, Juve, Real und PSG finden – und nicht Kleingeld à la Freiburg oder Mainz.

Das ist fußballerisch etwa die Differenz, die kulturell zwischen Ed Sheeran & Justin Bieber auf der einen und Roland Kaiser & Maite Kelly auf der anderen Seite besteht. Da passt es, dass Bundestrainer Joachim Löw in einem Interview mitteilte, er möge den weltoffenen Musikgeschmack der jungen Spieler nicht. „Da muss ich vor die Tür. Ich höre lieber deutsche Schlager.“

Die Bayern haben am Samstag den aus ihrer Sicht Verlierercup gewonnen und ärgern sich, dass die großen anstehenden Ereignisse – Champions-League- und Europa-League-Finale – ohne sie stattfinden. Zur gleichen Zeit kämpfen Union Berlin und der VfB Stuttgart darum, in einer Liga mittun zu dürfen, für die sich Klubs wie Bayern oder RB gar nicht mehr so richtig interessieren. Es geht nicht um Augenhöhe, sondern Nur-Bundesligisten hoffen, dass die Bayern wenigstens arrogant auf sie ­hinabblicken.

Schlager, Pop et cetera

Was kulturell der Unterschied zwischen Pop und Schlager ist und fußballerisch der zwischen Champions League und Bundesliga, das ist ökonomisch der zwischen Welt- und Wochenmarkt: Aufs Kleinere orientiert sich der, der beim Größeren keine Chance hat. Eine solche ökonomische Logik ist und war im Sport immer präsent: Höher, schneller, weiter ist ein kapitalistisches Motto, und wenn einem Fußballkonzern das Double nicht mehr reicht, weil das Triple verpasst wurde, hat diese Logik gesiegt.

Es geht nicht um Augenhöhe, sondern kleine Klubs hoffen, dass die Bayern wenigstens arrogant auf sie ­hinabblicken

Wer die Kleinen verachtet, die es ja zu nichts gebracht hätten und denen so etwas wie die Bundesliga schon genug sei, der macht sich die arrogante Perspektive derer da oben zu eigen. Wer aber diejenigen verachtet, die das Weltoffene mögen, die fremde Musik und fremde Fußballer als Bereicherung empfinden, macht sich die Perspektive dumpf-nationalistischer Modernisierungsverlierer zu eigen.

Keine schöne Alternative also, und Jogi Löw hört Schlager. Unsereins muss wohl dafür kämpfen, dass es im Fußball nicht zugeht wie auf dem Weltmarkt. Wie man das hinbekommt? Keine Ahnung, aber im vergangenen Jahr hat Bayern nicht einmal den Loser-DFB-Cup gewonnen. War doch was. Martin Krauss

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Jahrgang 1964, Mitarbeiter des taz-Sports schon seit 1989, beschäftigt sich vor allem mit Fußball, Boxen, Sportpolitik, -soziologie und -geschichte

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