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Die Rechnung ohne den Erzeuger gemacht

Die Aussicht auf zusätzlichen Absatz freut die Stromwirtschaft – aber wer bezahlt eigentlich die künftig dazu notwendige Lade-Infrastruktur?

Von Bernward Janzing

Die Elektromobilität ist für die Stromwirtschaft grundsätzlich erst einmal ein attraktiver Absatzmarkt. Deswegen fördert der kommunale Energieversorger Hamburg Energie derzeit entsprechende Fahrzeuge: Noch bis zum 30. Juni bezahlt das Unternehmen eine einmalige Prämie von 600 Euro an Bürger und Gewerbetreibende, die in Hamburg gemeldet sind, wenn sie einen Smart EQ fortwo zum Sonderpreis von 139 Euro monatlich leasen.

Schon heute steht Hamburg bei den Elektrofahrzeugen an der Spitze – und bei der Ladeinfrastruktur ebenso. Nach aktuellen Zahlen des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft gibt es in Deutschland inzwischen 17.400 öffentlich zugängliche Ladepunkte, wobei Hamburg die Städtestatistik anführt mit nunmehr 882 Ladepunkten, gefolgt von Berlin mit 779 und München mit 762 Ladepunkten. Abgeschlagen folgen dann Stuttgart (389), Düsseldorf (211) und Leipzig (168).

Privathäuser als Ladepunkte

Hamburg will den Weg Richtung E-Mobilität weitergehen. Und so gibt es in der Stadt das Projekt „Electrify Buildings for EVs“ (Elbe), das unter der Schirmherrschaft der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation die Zahl der privaten Ladepunkte deutlich erhöhen möchte. Bis Ende 2022 sollen bis zu 7.400 neue Ladestationen für Mieter, Wohnungseigentümer und Gewerbetreibende geschaffen werden. Solange dabei die Netzinfrastruktur nicht verstärkt werden muss, kann das auch für die Energieversorger attraktiv sein, bringt doch jedes weitere E-Auto zusätzlichen Stromabsatz.

Irgendwann aber wird es dann doch teuer für die Stromwirtschaft. „Ab einer Quote von 30 Prozent E-Autos gehen wir nach aktuellen Studien von einer Gefahr für die Stabilität der Verteilernetze aus“, sagt Evamaria Zauner, Projektleiterin für Elektromobilität beim Energiekonzern Thüga. In Straßenzügen, in denen sich viele Ladevorgänge konzentrieren, könne es ohne Investitionen aber auch schon früher zu Engpässen kommen.

Die Frage wird dann sein, wer den Ausbau der Netzinfrastruktur bezahlt. Werden es die Fahrer der Elektroautos sein oder aber wird man die Allgemeinheit heranziehen? Allein durch den Verkauf des Stroms dürften sich die Investitionen – bei den heutigen Ladetarifen – kaum rechnen.

So kam auch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Pricewaterhouse Coopers (PwC) im vergangenen Sommer in einer Studie mit dem Titel „Elektromobilität – ein zukunftsfähiges Geschäftsmodell für Energieversorger?“ zu einem ernüchternden Fazit. Aktuell investierten zwar viele Energieversorger in Ladeinfrastruktur, „aber meist nur als Imageprojekte“. Denn trotz staatlicher Fördermittel lohne es sich für die Unternehmen „heute noch nicht, im größeren Rahmen zu investieren“. Die meisten Energieversorger betrieben derzeit weniger als fünf Ladesäulen und sie planten auch nur verhalten weitere Investitionen in die öffentliche Ladeinfrastruktur.

Denn selbst Strompreise an den Ladesäulen, die deutlich höher liegen als jene des Haushaltsstroms, sind für die Versorger oft nicht kostendeckend. Einen Ausweg hat PwC bereits ersonnen. Nämlich „durch die Übertragung entstehender Kosten auf die Netzentgelte oder durch die Übernahme durch andere öffentliche Umlagesysteme“. Das würde aber bedeuten, dass eben nicht die Nutzer der Ladeinfrastruktur diese bezahlen, sondern alle Stromkunden. Auf die öffentliche Debatte, die ein solches Ansinnen auslösen würde, darf man dann wohl gespannt sein.