Dieselfahrverbote in Hamburg: Ein bisschen bessere Luft

Hamburgs Umweltsenator Kerstan sagt, 2021 könnte das erste Durchfahrtsverbot enden. Der BUND hingegen will, dass die Verbote ausgeweitet werden.

Ein bisschen besser ist die Luft hier schon: die Stresemannstraße in Hamburg Foto: dpa

HAMBURG taz | Das Ende der Dieselfahrverbote in der Stresemannstraße ist absehbar. In gut eineinhalb Jahren könne man dort die Fahrverbote aufheben, sollte sich der positive Trend bei den Stickstoffoxid-Messungen weiter fortsetzen, sagte der grüne Umweltsenator Jens Kerstan dem NDR am Freitag in einem Interview.

Grund für Kerstans Optimismus ist ausgerechnet die erste Bilanz, die der Umweltverband BUND nach eigenen Messungen veröffentlicht hatte. Demnach seien die Werte für Stickstoffoxide in der Stresemannstraße im Jahresmittel von 47 auf 41 Mikrogramm (µg) pro Kubikmeter Luft, also um fast 13 Prozent gesunken.

Der BUND hingegen fordert auf Grundlage der Messergebnisse, die Fahrverbote nicht wieder aufzuheben – sondern auszuweiten. Auch der Umweltverband meine zwar, dass „die Fahrverbote wirken“, die Auswertung zeige aber auch, „dass sie nicht ausreichend sind, um die Grenzwerte einzuhalten“, teilte der Landesgeschäftsführer Manfred Braasch mit.

Vor einem Jahr wurden in Hamburg-Altona die bundesweit ersten Durchfahrtsbeschränkungen für Dieselfahrzuge ausgesprochen. Anlass dafür war ein Urteil des Bundesverwaltungsgericht vom Februar 2018. Demnach sind Dieselfahrverbote in Städten grundsätzlich zulässig, sofern sie das letzte Mittel bleiben.

Das Gerichtsurteil regelt laut Kerstan auch das Ende der Verbote. „Sobald der Grenzwert mit einem anständigen Puffer eingehalten wird, müssen wir sie auch wieder aufheben“, erklärte er im NDR-Interview. „Es ist ja ein starker Eingriff in die Eigentumsrechte der Bürger.“ Fahrverbote dürfen nur zur „schnellstmöglichen Grenzwerteinhaltung“ eingesetzt werden und müssen „verhältnismäßig“ sein, teilte die Umweltbehörde auf Anfrage der taz mit.

Der EU-Jahresmittel-Grenzwert für Stickstoffdioxid (NO2) beträgt 40 Mikrogramm (µg). Die EU-Kommission stützt ihre Vorschläge auf die Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation. Das Gesetz wurde 1999 von den EU-Mitgliedsstaaten beschlossen.

In der Stresemannstraße sind die NO2-Werte im Jahresmittel von 47 auf 41 µg/m3 Luft gesunken, also um fast 13 Prozent.

In der Max-Brauer-Allee sanken die Werte um 2 auf 44 µg. Aufgrund von Sondereffekten wie Straßensperrungen sind sie nicht eindeutig zu interpretieren. Alle vier Messstationen liegen damit weiterhin über den gesetzlichen Grenzwerten.

Der Puffer ist laut Behörde erreicht, wenn die weiteren Maßnahmen des Hamburger Luftreinhalteplans dazu führen, dass ein Anstieg der Emissionen nicht zu erneuerten Grenzüberschreitungen führt. Zu den Maßnahmen zählten unter anderem die geplanten Software-Updates der Autohersteller, die Einführung von E-Rollern sowie Emissionseinsparungen im Hafen. Der nötige Puffer bei der Unterschreitung der gesetzlichen 40-Mikrogramm-Grenze könne für die Stresemannstraße Anfang 2021 erreicht sein.

Bei der Max-Brauer-Allee würde es zwei Jahre länger dauern. Dort seien die Werte weiterhin unbefriedigend, erklärte die Umweltbehörde. Im Monatsvergleich sanken sie zwar um 10 µg, im Jahresmittel aber nur um 2 auf 44 µg. Die gesetzlich vorgegebene 40-Mikrogramm-Grenze wird damit an beiden Orten nicht eingehalten. „Bei der Luftreinhaltung sind wir noch nicht am Ziel, aber auf einem guten Weg“, erklärte Kerstan.

Der BUND hält dagegen: „Solange die Stadt die gesetzlichen Anforderungen nicht erfüllt, brauchen wir nicht weniger, sondern mehr Fahrverbote.“ Die Schadstoffwerte würden von heute auf morgen wieder nach oben schnellen, sollten die Verbote aufgehoben werden. Die kleinräumigen Durchfahrtsbeschränkungen drängten den Verkehr momentan nur in die Seitenstraßen. Mit Messungen konnte der BUND dort im Sommer 2018 Grenzüberschreitungen nachweisen.

2018 hatte der Umweltverband eine Klage beim Verwaltungsgericht eingereicht, um großflächige Fahrverbotszonen für Dieselautos durchzusetzen. Eine Entscheidung steht aus. Außerdem fordert der BUND eine „Blaue Plakette“ zur Kennzeichnung von Fahrzeugen, die die zulässigen Grenzwerte beim Ausstoß von Stickoxiden im Fahrbetrieb nicht einhalten. Da es diese bisher nicht gibt, muss die Polizei Fahrzeuge anhalten und einen Blick in die Papiere werfen.

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