Gesetzesmarathon im Parlament: Einladen und abschieben

Die Koalition drückt diese Woche sieben Migrationsgesetze durch den Bundestag – darunter Fachkräfteeinwanderung und erleichterte Abschiebungen.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) sitzt im Bundestag und spricht mit Eva Högl (SPD), die ihm gegenübersteht. Seine Hände verdecken sein Gesicht.

Mit den Gesetzesvorhaben könnten „beide Seiten sehr zufrieden sein“, sagte Eva Högl (SPD) Foto: dpa

Es wirkte wie ein Akt der Selbstvergewisserung in Zeiten der Krise: Von einem „wirklich erfolgreichen Tag für die Koalition“ sprach am Dienstag Thorsten Frei, Unions-Fraktionsvize, als er gemeinsam mit Kolleg*innen von CDU/CSU und SPD eine ganze Fülle an Gesetzesvorhaben aus dem Migrationsbereich vorstellte.

Die SPD ist führungslos, die Große Koalition steht so nah am Abgrund wie nie zuvor. „Wir sind handlungsfähig“, betonte trotzdem die Vorsitzende des Innenausschusses, Andrea Lindholz (CSU). Das unterstreiche man mit diesem acht Gesetze umfassenden Paket, von denen sieben schon am Freitag im Bundestag beschlossen werden sollen.

Darunter ist das Gesetz zur Fachkräfteeinwanderung, ein Herzensanliegen der SPD. Seit über 20 Jahren habe ihre Partei ein solches Gesetz gefordert, betonte SPD-Fraktionsvize Eva Högl. „Die Botschaft lautet: Wir laden Menschen ein, zu uns zu kommen.“

Der Regierungsentwurf sah noch sehr hohe Anforderungen an Menschen vor, die zur Ausbildungsplatzsuche nach Deutschland kommen. Die Fraktionen von Union und SPD wollen diese Hürden leicht absenken.

Stichtag für Geduldete

Für Menschen über 45 Jahren wollen Union und SPD die Anforderungen hingegen verschärfen: Anders als im Regierungsentwurf vorgesehen, sollen diese ein Mindestgehalt oder eine angemessene Altersversorgung nachweisen. So verhindere man, dass ältere Menschen nach Deutschland kämen und „geradewegs in die Grundsicherung“ gingen, sagte Frei.

Veränderungen wollen die Fraktionen auch bei der Möglichkeit für gut integrierte Geduldete, über eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung in Deutschland zu bleiben. Eine Stichtagsregelung soll sicherstellen, dass von dem Gesetz nur Geduldete profitieren können, die vor dem 1. August 2018 eingereist sind. Dafür sollen sie länger Zeit bekommen, alle Anforderungen zu erfüllen: bis Ende 2023.

Außerdem gehört zu dem ­Paket das umstrittene sogenannte Geordnete-Rückkehr-Gesetz. Mit diesem will das Bundesinnenministerium Abschiebungen erleichtern. Nach dem Willen der Koalitionsfraktionen sollen Abzuschiebende zu diesem Zweck noch leichter in Gewahrsam genommen werden können, als dies der Regierungsentwurf ohnehin schon vorsah.

Kritik am Tempo

Verschärfungen wollen die Fraktionen auch bei der „Duldung mit ungeklärter Identität“. Diese sieht Sanktionen für Menschen vor, die aus Sicht der Behörden nicht ausreichend an der Passbeschaffung mitwirken. Zudem soll die Unterbringung von Asylsuchenden in Ankerzentren von 6 auf 18 Monate ausgeweitet werden.

Es sei gut, dass man das Paket „zügig beraten“ habe und nun noch vor der Sommerpause beschließen könne, sagte Högl. Mit dem Ergebnis könnten „beide Seiten sehr zufrieden sein“. Erst am Montag hatten im Innen- und im Sozialausschuss Anhörungen zu fünf der acht Gesetze stattgefunden. „Das war eine Leistung, wie es sie so noch nicht gegeben hat“, sagte Lindholz.

Ulla Jelpke (Linke) hingegen hatte im Innenausschuss kritisiert, ein ordentliches Gesetzgebungsverfahren sei in dieser Eile kaum möglich. Die Grüne Filiz Polat sagte, es sei unmöglich, die Anhörungen und „die eine Minute nach Ende des Anhörungsmarathons eingegangen 32 Seiten Änderungsanträge“ bis zum nächsten Innenausschusses am Mittwoch auszuwerten. Dies sei der „komplexen Materie der ­Gesetzesentwürfe nicht angemessen“.

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