Der Vielflieger

Über Kent Nagano gibt es die Geschichte, die er selbst dem Zeit-Magazin erzählt hat, wie er als junger Dirigent in den USA einen Zyklus des französischen Komponisten Oliver Messiaen dirigieren sollte. Nagano wusste nicht, wie er das machen sollte, keiner konnte es ihm sagen, und darum schrieb er einen Brief – an Messiaen. Später lud der Komponist ihn nach Paris ein, und er durfte mit ihm die Wohnung teilen.

Inzwischen ist Nagano 60 und einer der bekanntesten Dirigenten der Welt. Sein derzeitiger Job, den er noch ein Jahr ausfüllen muss, ist der des Generalmusikdirektors an der Bayerischen Staatsoper, wo er sich mit dem Intendanten überwarf. Sein nächster könnte der des Generalmusikdirektors der Hamburger Staatsoper sein. Der NDR hat das bereits gemeldet, eine Bestätigung seitens der Kulturbehörde steht aus.

Doch ist Nagano für Hamburg der Richtige? Das ist derzeit die Preisfrage, und die Welt hat daran bereits Zweifel angemeldet: Nagano sei kein Mann des Theaters, beim klassischen Opernrepertoire kenne er sich zu schlecht aus, und die von ihm favorisierte Avantgarde verschrecke die Opernbesucher.

In München ist Nagano als Dirigent umjubelt worden, manche haben ihm aber seine vielen Reisen übel genommen: Nagano kommt aus Kalifornien, wo er gerne surft. Die Familie seiner Frau lebt in Japan, außerdem ist er Chefdirigent des Symphonieorchesters in Montreal und will es auch bleiben.

Ob Nagano der Mann ist, den die Hamburger Staatsoper braucht, um aus ihrem Dauertief herauszufinden, hängt davon ab, wie viel Zeit er in Hamburg verbringen will – und davon, wie er sich mit dem neuen Intendanten versteht, denn auch dieser Posten wird nach dem Abgang der glücklosen Simone Young zu besetzen sein.

Die Münchner Abendzeitung berichtet, dass Nagano öfter die Surfer auf der Eisbach-Stromschnelle im Englischen Garten beobachtet hat. Einmal streckte er seinen Zeh hinein und sagte: „Das ist wirklich kalt.“ WIE