Kommentar „Game of Thrones“-Finale: Logik der Entscheidungsschlacht

Ach, Daenerys: Leider reicht es zum Finale von „Game of Thrones“ nur zu diesem Leider-leider-Text. Denn die Serie ist schon länger zu Ende.

Die Schauspielerin Emilia Clarke steht in einer Game of Thrones Szene vor viel Rauch

Immerhin entschädigen uns die Serienmacher pflichtschuldig mit Schauwerten Foto: ap/HBO

Die großartigsten Momente hatte die Serie „Game of Thrones“, wenn es ihr gelang, Unerwartetes zu inszenieren. Wenn handlungstragende Figuren in einer jähen erzählerischen Wendung ermordet werden, wenn sich das Intrigenspiel zu geschliffenen, geradezu shakespeareschen Dialogen aufschwang, was war das toll! Dann schaffte es diese Produktion, sich aus den Gefängnissen der Fantasy- und Mittelaltergenres herauszuschwingen zu einem modernen Erzählen.

Mit diesen Qualitäten ist es seit zwei, drei Staffeln vorbei. Irgendwann sind die Drehbuchautoren umgeschwenkt. Es ging von da an nicht mehr darum, das Spektakel ernst zu nehmen und Überraschungsmomente zu schaffen, sondern nur noch um die simple Champions-League-Dramaturgie, immer mehr Optionen für den Posten des finalen Titelträgers zu eliminieren.

Spätestens die letzten Folgen folgten der Logik von Viertel- (der Night King schied aus) und Halbfinale (Cersei schied aus), dabei hätten sie beide Stoff für jeweils eine ganze Staffel abgegeben. Und egal, wie nun das Finale in der allerletzten Folge ausgehen wird, ein Rückfall in konventionelles Erzählen ist es eh. Immerhin entschädigen uns die Serienmacher pflichtschuldig mit Schauwerten.

Das Problem ist die Logik der Entscheidungsschlacht selbst, aus den Zwangslagen, die sich aus ihr ergeben, kam die Serie nicht mehr heraus. Andere Serien, mit denen sich das epische Erzählen im HBO- und Netflix-Format durchgesetzt hatte, waren schon weiter. „Six Feet Under“ hat uns zum Serienfinale noch einmal daran erinnert, dass wir alle sterblich sind. Die Dramaturgie von „The Wire“ lief auf eine Addition immer neuer Teilaspekte bei dem Porträt einer Stadt hinaus.

Am überzeugendsten aber ist das Nicht-Ende der „Sopranos“. Tony und seine Familie beim Essen und – nichts passiert. Es wird immer irgendwie weitergehen. So wie die Games of Thrones in Wirklichkeit ja auch. Nur die Serie ist jetzt zu Ende. Nein, anders, sie war es vorher schon.

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Dirk Knipphals, Jahrgang 1963, studierte Literaturwissenschaft und Philosophie in Kiel und Hamburg. Seit 1991 Arbeit als Journalist, seit 1999 Literaturredakteur der taz. Autor des Sachbuchs "Kunst der Bruchlandung. Warum Lebenskrisen unverzichtbar sind" und des Romans "Der Wellenreiter" (beide Rowohlt.Berlin).

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