Kommentar SPD und die Bremenwahl: Suche nach dem rettenden Ufer
Der SPD in Bremen droht Verlust in alle Richtungen. Wenn das Schiff an allen Seiten leckt, nutzt auch kein kühnes Wendemanöver mehr.
Es ist zu einfach, den aufrechten, aber blassen Carsten Sieling verantwortlich zu machen Foto: dpa
Es geht nur um eine Stadt, halb so groß wie Köln. Aber da ist diese Zahl: 73. Seit 1946 regiert die SPD in Bremen. Wenn die Sozialdemokraten am 26. Mai nicht stärkste Partei werden oder sogar nicht mehr regieren, wird dies, in der Partei und medial sowieso, als weitere Etappe ihres unaufhaltsamen Niedergangs gelten.
Das sozialdemokratische Milieu franst doppelt aus. Die alte Arbeiterschaft existiert nicht mehr. Und bei den ehemals neu getauften Mittelschichten konkurriert die SPD mit den Grünen. Die in Bremen traditionell starke linkssozialdemokratische Strömung neigt zu einer attraktiven, handfesten, ideologisch niedertouringen Linkspartei. Alle, die Grünen, die linke Konkurrenz, sogar die CDU mit einem forschen IT-Unternehmer an der Spitze, wirken frischer als die erschöpfte Sozialdemokratie. Es mag einfach sein, den aufrechten, aber blassen Carsten Sieling verantwortlich zu machen. Es ist zu einfach.
Der SPD in Bremen droht das, was auch der Bundes-SPD widerfährt: Verlust in alle Richtungen – an Linkspartei und AfD, an Grüne und FDP. Wenn das Schiff an allen Seiten leckt, nutzt auch kein kühnes Wendemanöver mehr. Hoffen kann die SPD dennoch. Denn ein Jamaika-Bündnis ist nicht sonderlich wahrscheinlich. Der CDU-Kandidat wirkt hip, hat aber keine politische Erfahrung. Die FDP-Kandidatin hatte nach eigener Auskunft vor vier Jahren keine Ahnung von Politik. Und sie erweckt nicht den Eindruck, dass sich daran viel geändert hat.
Auch deshalb ist Rot-Rot-Grün denkbar, sogar wahrscheinlicher als eine Mitte-rechts-Regierung. Die Versuche der Linkspartei, in westlichen Ländern mitzuregieren, sind bislang, in Hessen, NRW und dem Saarland, stets spektakulär gescheitert. Eine Linkspartei-Senatorin in Bremen wäre das Symbol einer überfälligen Normalisierung – und womöglich Vorschein des Endes der lähmenden machtpolitischen Selbstblockade der politischen Linken. Dann hätte der Schwächeanfall der SPD in Bremen etwas Gutes.
Kommentar SPD und die Bremenwahl: Suche nach dem rettenden Ufer
Der SPD in Bremen droht Verlust in alle Richtungen. Wenn das Schiff an allen Seiten leckt, nutzt auch kein kühnes Wendemanöver mehr.
Es ist zu einfach, den aufrechten, aber blassen Carsten Sieling verantwortlich zu machen Foto: dpa
Es geht nur um eine Stadt, halb so groß wie Köln. Aber da ist diese Zahl: 73. Seit 1946 regiert die SPD in Bremen. Wenn die Sozialdemokraten am 26. Mai nicht stärkste Partei werden oder sogar nicht mehr regieren, wird dies, in der Partei und medial sowieso, als weitere Etappe ihres unaufhaltsamen Niedergangs gelten.
Das sozialdemokratische Milieu franst doppelt aus. Die alte Arbeiterschaft existiert nicht mehr. Und bei den ehemals neu getauften Mittelschichten konkurriert die SPD mit den Grünen. Die in Bremen traditionell starke linkssozialdemokratische Strömung neigt zu einer attraktiven, handfesten, ideologisch niedertouringen Linkspartei. Alle, die Grünen, die linke Konkurrenz, sogar die CDU mit einem forschen IT-Unternehmer an der Spitze, wirken frischer als die erschöpfte Sozialdemokratie. Es mag einfach sein, den aufrechten, aber blassen Carsten Sieling verantwortlich zu machen. Es ist zu einfach.
Der SPD in Bremen droht das, was auch der Bundes-SPD widerfährt: Verlust in alle Richtungen – an Linkspartei und AfD, an Grüne und FDP. Wenn das Schiff an allen Seiten leckt, nutzt auch kein kühnes Wendemanöver mehr. Hoffen kann die SPD dennoch. Denn ein Jamaika-Bündnis ist nicht sonderlich wahrscheinlich. Der CDU-Kandidat wirkt hip, hat aber keine politische Erfahrung. Die FDP-Kandidatin hatte nach eigener Auskunft vor vier Jahren keine Ahnung von Politik. Und sie erweckt nicht den Eindruck, dass sich daran viel geändert hat.
Auch deshalb ist Rot-Rot-Grün denkbar, sogar wahrscheinlicher als eine Mitte-rechts-Regierung. Die Versuche der Linkspartei, in westlichen Ländern mitzuregieren, sind bislang, in Hessen, NRW und dem Saarland, stets spektakulär gescheitert. Eine Linkspartei-Senatorin in Bremen wäre das Symbol einer überfälligen Normalisierung – und womöglich Vorschein des Endes der lähmenden machtpolitischen Selbstblockade der politischen Linken. Dann hätte der Schwächeanfall der SPD in Bremen etwas Gutes.
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Kommentar von
Stefan Reinecke
Korrespondent Parlamentsbüro
Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.
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