Wahlen in Brandenburg: Wohin des Weges?

Für die Parteien in Brandenburg werden die Kommunalwahlen Ende Mai zum Stimmungstest vor der Landtagswahl. Rot-Rot hat wohl keine Mehrheit mehr.

Geht es geradlinig weiter wie bisher – oder kommt demnächst eine Rechtskurve? Foto: dpa

Gleich hinter der Berliner Stadtgrenze kann man sie sehen: Unter die Plakate zur Europawahl am 26. Mai mischt sich auch andere Wahlwerbung. Manchmal sind die Farben schrill, die Fotos unscharf oder die Namen der Wählervereinigungen lang und ungewohnt. Da versprechen Kandidaten, Kitas auszubauen, oder bekunden ihre Liebe zu einem bestimmten Ort. Anders als in Berlin finden an jenem Sonntag Ende Mai nämlich auch Kommunalwahlen statt. Der kombinierte Wahltermin soll Kosten sparen und für eine höhere Wahlbeteiligung sorgen.

Die Wahlen der Stadtparlamente, Gemeinderäte, Ortsbeiräte und Kreistage gilt auch als ein Test für die Landtagswahl am 1. September. Nach den jüngsten Umfragen wird es dann wohl nicht mehr zu einer Mehrheit für die seit zehn Jahren amtierende rot-rote Landesregierung unter Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) reichen. Im April sah eine Dimap-Umfrage die SPD bei 22 Prozent, die Linke bei 16 – so niedrig wie nie zuvor. Die CDU erreichte 20 Prozent, die AfD 19, die Grünen 12 und die FDP 5 Prozent.

Wenn es schlecht läuft für die Sozialdemokraten, sind sie vielleicht erstmals seit der Wiedervereinigung nicht mehr stärkste Kraft im Land. Umso aufmerksamer schauen die Genossen auf die anstehenden Kommunalwahlen.

Während es landesweit für die SPD eher trüb aussieht, konnte sie in Potsdam im vergangenen Jahr mit der Wahl von Mike Schubert zum Oberbürgermeister einen Erfolg feiern. Der 46-Jährige präsentiert sich als bürgernah, integrierend und umtriebig. Auch auf Landesebene scheint er an Gewicht zu gewinnen. Kürzlich präsentierte die SPD ein von Woidke und Schubert verfasstes Konzept für sogenannte Regionalbeauftragte.

Ein heikles Thema dürfte die Frage der Kita-Gebühren sein. Das Landesgesetz ist so schwammig, dass nun reihenweise die kommunalen Satzungen kippen, Eltern fordern vor Gericht zu hohe Beiträge zurück. In Potsdam sind seit vielen Jahren alle Kitas in freier Trägerschaft und werden von der Stadt bezuschusst. Den Rest der Kosten tragen die Eltern mit ihren Beiträgen – sozial gestaffelt nach einer von der Stadt erlassenen Satzung.

Anders als bei der Europawahl darf bei den Kommunalwahlen schon ab dem Alter von 16 Jahren abgestimmt werden. Rund 6.100 Bewerberinnen und Bewerber kämpfen um knapp 1.000 Mandate in den Kreistagen und Stadtverordnetenversammlungen der kreisfreien Städte. Den höchsten Frauen­anteil unter ihren Kandidaten haben die Grünen mit 42,5 Prozent, den geringsten die AfD mit 11,7 Prozent.

Um einen Sitz in den 413 Gemeindevertretungen und kreis­angehörigen Stadtverordnetenversammlungen bewerben sich 14.951 Männer und Frauen. Zugenommen hat der Anteil der EU-Bürger unter den Bewerbern: Waren es 2014 35 Bewerber, sind es nun 48. (mar)

Ende 2017 jedoch hatte der Kita-Elternbeirat in beeindruckender Fleißarbeit herausgefunden, dass die Berechnungsgrundlage zulasten der Eltern verschoben war. Die Stadt sparte sich so über Jahre einen Millionenbetrag zusammen. Seitdem wird gestritten. Erst in der vergangenen Woche beschlossen die Potsdamer Stadtverordneten, den betroffenen Eltern rund 45 Millionen Euro zurückzuzahlen – einstimmig. Drei Wochen vor der Wahl will es sich niemand mit Tausenden Eltern verderben.

Wie bei den Kommunalwahlen die Chancen der Parteien stehen, weiß niemand. Umfragen gab es auf kommunaler Ebene zuletzt nicht. Dennoch könnte zumindest in Potsdam die SPD am Ende als Sieger dastehen. Sie stellt mit Schubert nicht nur einen populären Oberbürgermeister, sondern ist mit ihren rund 1.000 Mitgliedern auch gut vernetzt in der Stadt. Die Partei will das enorme Wachstumstempo der Stadt bremsen, mit dem die Infrastruktur zuletzt nicht mehr Schritt halten konnte. Investoren sollen zum Bau von 30 Prozent Sozialwohnungen verpflichtet werden.

Bei den Linken wirkt die OB-Wahl nach. Ihre OB-Kandidatin Martina Trauth, Gleichstellungsbeauftragte im Rathaus, fiel kürzlich bei der Besetzung der vakanten Position der Sozialdezernentin durch – mit Zustimmung des Linken-Fraktionschefs Hans-Jürgen Scharfenberg. Der Parteivorstand reagierte verstimmt.

AfD auf dem dritten Platz

Die Grünen landeten bei den Kommunalwahlen vor fünf Jahren mit 12 Prozent auf Platz vier und können sich durchaus Hoffnung machen, dieses Ergebnis auszubauen. Der positive Trend in Bund und Land dürften dabei hilfreich sein. Inhaltlich setzen sie im Wahlkampf vor allem auf Verkehrsthemen wie den Ausbau des Radwegenetzes. Mit dem langjährigen Fraktionschef Peter Schüler tritt nach 16 Jahren ein geschätzter Stadtverordneter nicht mehr an.

Bildung, Infrastruktur, Gesundheit und der Zusammenhalt in Brandenburg – das sind die Hauptthemen, mit denen die SPD in die Landtagswahl geht. Am 1. September wird ein neues Parlament gewählt. Am Samstag stimmten die SPD-Delegierten auf dem Landesparteitag für das Programm. Dietmar Woidke gab sich dabei optimistisch: Es sei das Regierungsprogramm für die nächsten fünf Jahre, sagte der SPD-Landeschef und Ministerpräsident. Er wurde mit 82 Prozent zum Spitzenkandidaten gewählt. „Ich bin bereit“, sagte er. 2014 hatte Woidke bei der Wahl zur Landesliste noch knapp 95 Prozent der Stimmen erreicht. (dpa)

Die CDU scheint sich eher selbst zu zerlegen. Im Herbst übernahm der gescheiterte OB-Kandidat Götz Friederich die Führung. Seitdem haben allerdings mehrere frühere Stimmengaranten die Partei verlassen und treten teilweise für andere Wählergruppen an. Außerdem platzte die Zusammenarbeit mit einer Anwohnerinitiative aus den eingemeindeten Dörfern.

Die FDP wirbt mit ihrer prominenten Vorsitzenden. Die frisch gewählte Generalsekretärin der Bundes-FDP, Linda Teutenberg, wird das Mandat jedoch nur annehmen, wenn ihre Partei mindesten vier Sitze im Potsdamer Stadtparlament erringt, wie sie kürzlich den Potsdamer Neuesten Nachrichten sagte. Vor fünf Jahren reichte es für die Liberalen jedoch nur zu einem Sitz. Durchaus möglich ist auch, dass die linksalternative Wählergruppe Die Andere die Kräfteverhältnisse in der neuen Stadtverordnetenversammlung komplizierter macht. Bei mehreren von ihr unterstützten Bürgerbegehren konnte sie ihre Kampagnenfähigkeit beweisen.

Die AfD hingegen tut sich in Potsdam bisher schwer. Ihre Ergebnisse lagen hier immer deutlich unter dem landesweiten Schnitt. Im Herbst ging noch die Angst um, dass die AfD bei den Landtagswahlen gar stärkste Kraft werden könnte: Sie lag in Umfragen gleichauf mit der SPD. Derzeit kommt die AfD nur noch auf den dritten Platz hinter SPD und CDU.

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