Kommentar von Cornelius Runtsch über den homophoben Angriff in Bremen
: Kein Dumme-Jungen-Streich

Diejenigen, die verdächtigt werden, am Wochenende im Bremer Bürgerpark ein Hassverbrechen begangen zu haben, waren allesamt sehr jung und männlich. Ihre Tat – eine Art „Checkpoint“, an dem sie die sexuelle Orientierung abfragten, sowie verbale Attacken auf vorbeifahrende Männer: Sie ist so erschreckend wie hinterhältig. Es wäre grundfalsch, sie als bloßen Streich impulsiver Lausbuben anzusehen.

Hassverbrechen sind eine komplexe Tat: für die Opfer – aber auch für die Ausübenden. Aus der Perspektive der Täter macht solche Taten komplex, dass sie zumindest eine gewisse Auseinandersetzung voraussetzen mit der Minderheit, gegen die sich das Verbrechen richtet. Dazu gehört etwa die Planung der Straftat, beispielsweise herauszubekommen: Welches ist der beste Ort, wenn ich Angehörige einer bestimmten Minderheit antreffen möchte? Und wann ist dafür der beste Zeitpunkt?

Die Verdächtigten des Bremer Bürgerparks taten das. Sie organisierten sich als Gruppe und sie wussten, dass sich an einer bestimmten Stelle abends vornehmlich schwule Männer treffen. Dass es verhältnismäßig junge Männer waren, die die hinterhältige Tat vorbereitet und durchgeführt haben, ist mehr erschreckend, als dass es etwas entschuldigen könnte.

Für die Opferseite ist ein Hassverbrechen doppelt traumatisch: Zur Erfahrung der Attacke selbst kommt die Gewissheit, dass es zu dieser Attacke kam wegen eines persönlichen, eines besonderen Merkmals: Hautfarbe, Herkunft oder auch sexuelle Orientierung. Und diese Dimension wirkt über den einzelnen Vorfall hinaus: Verunsichert, geängstigt werden ja auch alle weiteren Inhaber der jeweiligen Eigenschaft, alle weiteren Angehörigen der betreffenden Minderheit.

Die Bremer Polizei hat bisher richtig reagiert. Sie hat die Verdächtigen noch vor Ort festgenommen und ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Ebenso richtig ist es, dass sie die Tat als Hassverbrechen eingeordnet und somit den Staatsschutz aktiviert hat, der für politische Verbrechen zuständig ist. Ein Verbrechen gegen eine dezidierte Menschengruppe ist in der Tat hochpolitisch, weil sie sich nicht gegen ein Individuum richtet, sondern gegen eine Gruppe.

Je offener sich aber der Hass gegen Juden, Menschen mit Migrationshintergrund oder eben queere Menschen zeigt, desto wichtiger ist es, dass der Staat und seine Polizei solche Opfergruppen ernst nehmen – und ihre Rechte schützen.