New Yorker Kulturzentrum The Shed: Das Sponsoring der Plutokraten

Superreiche Mäzene überhäufen das neue Kulturzentrum The Shed mit Geld. Alteingesessene New Yorker Kulturinitiativen lassen sie links liegen.

Hinweis "Soundtrack of America" an der Wand

Im Innern des Shed, Teil des teuersten nicht-öffentlichen Bauprojekts in der Geschichte der USA Foto: dpa

Das Auftaktprogramm, mit dem The Shed, das neue Kulturzentrum in den Hudson Yards in Manhattan, seinen Betrieb aufnahm, sollte Sensibilität signalisieren. Fünf Konzerte unter dem Motto „Soundtrack of America“ feierten den Einfluss der afroamerikanischen Musik auf das nationale wie internationale Musikgeschehen. Kuratiert wurde das Programm von dem legendären Musikproduzenten Quincy Jones und dem Oscar-prämierten Regisseur Steve McQueen.

Ob es diese Konzertreihe wirklich braucht, ist fraglich. Schließlich ist es in New York eine alltäglich gepflegte Übung, den maßgeblichen Einfluß der afroamerikanischen Musik für den Sound der Moderne und der zeitgenössischen Welt zu feiern. Freilich geschieht das im Allgemeinen durch ganz andere kulturelle Institutionen, etwa die Jazz for Peace Foundation, The Manna House Workshops in Harlem oder The School for Improvisational Music in Brooklyn, um nur drei von hunderten lokalen New Yorker Non-Profit-Intitiativen zu nennen. Viele von ihnen kämpfen um ihre prekäre Existenz.

Sie wären für Spenden ausgesprochen dankbar wie sie The Shed jüngst zugekommen sind, etwa von New Yorks ehemaligem Bürgermeister Michael Bloomberg, der 75 Millionen US-Dollar überwies, oder vom Immoblienentwickler Frank McCourt, der 45 Millonen locker machte, oder von den Tourismusunternehmern Jonathan und Lizzie Tisch, denen The Shed eine Spende von knapp 30 Millionen wert war.

Leider ist es wenig wahrscheinlich, dass sich die Mäzene für Kunst und Kultur jenseits des Mainstreams engagieren. Denn Blumenthal und Co. kennen die fraglichen Institutionen nicht und möchten sie auch nicht wirklich kennenlernen. Sie wollen für ihr Geld schon Steve McQueen oder Björk treffen und ihren Namen auf einer Architektursensation lesen, die sich in fünf Minuten ihre Außenhülle, eine Art Daunenjacke an- oder ausziehen kann.

The Shed soll für Inklusion und soziale Gerechtigkeit stehen

Dass im Zusammenhang mit The Shed trotzdem von Inklusion und sozialer Gerechtigkeit gesprochen wird und sein künstlerischer Leiter, der Brite Alex Poots sich gar davon überzeugt gibt, dass man „die Privilegien umverteilen“ müsse, gehört zur rhetorischen Standardausrüstung solcher Unternehmungen.

Natürlich meint das auch, dass ein wenig Geld tatsächlich in Soziales investiert wird. Zehn Prozent der Tickets sind für Geringverdiener reserviert, und über das Schulprogramm des Shed erhalten 600 Kinder aus 20 Schulen Kunstunterricht. All das ist aber nur der kleine Beifang eines Unternehmens, das coole Hochkultur-Events an ein zahlungskräftiges Publikum vermarkten möchte.

„Privilegien müsse man umverteilen“, dieser Satz gehört zur rhetorischen Standardausrüstung

Der Kommentator von Artnet News, Tim Schneider, empfiehlt daher gleich den Besuch traditionsgesättigter Hochkultur im Metropolitan Museum of Arts. Für Auswärtige kostet dieser Besuch seit dem vergangenen Frühjahr 25 US-Dollar. Der Aufschrei war laut, als das Museum die Einführung eines Eintrittspreises bekanntgab. Was es merkwürdigerweise bis vor kurzem nicht öffentlich machte, ist der Umstand, dass ein Teil dieser Einnahmen an die freie Szene geht, wie man in Deutschland sagen würde.

Konkret werden 1,4 Millionen US-Dollar an 160 Einrichtungen, wie die Harlem Stage oder das Staten Island's St. George Theatre verteilt, die in bildungspolitisch und kulturell unterversorgten bis besonders bedürftigen Stadtteilen zuhause sind. Dort finden sich auch die 16 größeren Institutionen in städtischem Eigentum, die weitere 1,4 Millionen Dollar erhalten, darunter das El Museo del Barrio in East Harlem, das Studio Museum in Harlem und das Bronx Museums of Arts.

Schön, das der gemeine Jedermann mit seinem Eintrittsgeld sinnvolles Sponsorentum betreiben und damit dem vermeintlichen Mäzenatentum der Superreichen etwas entgegensetzen kann. Denn letztere, als waschechte Plutokraten, die sie sind, bedienen sich am Ende doch immer nur selbst.

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