liebeserklärung
: Spargel

Er hat gerade Hochsaison, auf den Tellern genauso wie im Feuilleton. Dabei wird der Spargel neuerdings nicht mehr nur mit Butter, sondern auch mit Häme überzogen. Eine Verteidigung

Es ist Spargelzeit. Für viele die schönste Zeit des Jahres. Das liegt natürlich nicht nur, aber auch an diesem Gemüse. Er ist überall: neben, unter und an Sauce hollandaise, in Salaten, Suppen, Pasta, Aufläufen und als Odeur auf sämtlichen Toiletten des Landes. Frauenzeitschriften veröffentlichen „Rezepte für Genießer“, ARD-Politmagazine Investigativreportagen über das knochenharte Spargelstechen.

In Restaurants wird er in großen Mengen aus der Küche getragen. Allein in der taz-Kantine stand er in der vergangenen Woche auf allen prominenten Plätzen der Speisekarte. 200 Kilo servierten die KollegInnen hier in den zurückliegenden vier Arbeitstagen. Vorzüglich!

Und doch hat er es nicht leicht. Seit einiger Zeit läuft eine, man kann es wohl so nennen, Kampagne gegen ihn. 2012 schon sang die HipHop-Crew K.I.Z. in einer Persiflage auf den deutschen Nationalismus: „Den Juden das Geld, den Schwarzen die Mädels. Weil wir brauchen bloß unseren Spargel aus Beelitz.“ Die geschätzte Kollegin Margarete Stokowski schrieb bei Spiegel Online gerade eine „Abrechnung“ mit dem deutschen Spargelkult, mit dieser „parareligiösen Praxis“ um den „alten weißen Mann der Kulinarik“, und sogar der am rechten Rand irrlichternde Henryk M. Broder pflichtete ihr bei.

Der Spargel ist also zum Schimpfgemüse geworden. Was früher die Kartoffel war, Sinnbild der deutschen Kleinbürgerlichkeit, ist heute der Spargel. Dabei hat er das nicht verdient, gibt es doch so viel deutscheres Gemüse als ihn: Schweinebraten zum Beispiel, Mettbrötchen oder Döner im Brot.

Was kann es Piefigeres geben als das Gemüse vom Tier, das in Deutschland in raueren Mengen verzehrt wird als Spargel? Das die Herzkranzgefäße verfetten lässt so wie die Stopfgänse in Frankreich. Das auch nach jeder Grillparty die Toiletten kontaminiert und von dem die ARD-Politmagazine ­ebenfalls grausige Bilder zeigen können. Der Spargel an sich bringt immerhin noch jede Menge Superfoodqualitäten mit – low fat, low calories, low an allem Schlechten, dafür high an Bedarf an einem begleitenden Weißwein –, sodass es ihn ruhig ein bisschen länger zu essen geben dürfte, wenn das dann nicht so anti-öko wäre. Deswegen: Esst mehr Spargel, ihr Lauchs!

Anne Fromm