Wölfinnen mit Wachstumswillen

Das Festival „Hauptsache Frei“ feiert fünfjähriges Bestehen und breitet sich dafür über ganz Hamburg aus

Kunstfigur obduziert: Jens Bluhms Stück über Klaus Nomi Foto: Vanessa Wagner

Von Katrin Ullmann

Ob Chaoskörper, Kinderträume, die Krankenschwester Richmute, die Obduktion von Klaus Nomi oder der Chor nimmermüder Hamburger Bürger: Das Festival „Hauptsache Frei“ zeigt auch dieses Jahr wieder ein breites Panorama an freien Produktionen. Es reicht von der deutsch-israelischen Tanzproduktion „Balagan Body“, die Patricia Carolin Mai entwickelt hat, über Ursina Tossis aufwühlende Mensch-Wolf-Choreografie „Blue Moon“ zu Regina Rossis spielerisch-komischem Tanztheater „Lusco Fusco“. Es zeigt die Künstlerin Silke Rudolph in ihren Realitätsbehauptungen, lässt den Regisseur Jens Bluhm eine Kunstfigur sezieren und diskutiert die Grundlagen der Demokratie. Das ist ein Ausschnitt aus dem Programm, das neben weiteren Theaterproduktionen auch Workshop-, Diskurs- und Freiraumformate bereithält.

Die Vielfalt an Genres, Formen und Spielorten beim „Hauptsache Frei“-Festival ist Programm – und das bereits zum fünften Mal. Sicher ist dieses Jubiläum allein ein Grund zum Feiern, doch für die Festivalleiter*innen Susanne Schuster und Julian Kamphausen sind es vor allem „die vielen herausragenden, fordernden und vielfältigen Tanz-, Theater- und Performance-Produktionen, die die freien darstellenden Künstler*innen in Hamburg in den letzten fünf Jahren gestaltet haben“.

Neben den bekannten Spielstätten wie Lichthof-Theater, Monsun-Theater und Kampnagel, besetzt das Festival diesmal mit dem Resonanzraum im Bunker an der Feldstraße, der Schaltzentrale im Kraftwerk Bille, dem Fleetstreet-Theater und dem Fundus-Theater auch neue Orte. Das Festival breitet sich aus und für besonders streckenintensive Tage stehen Shuttle-Busse bereit.

Und natürlich sind die Etat-Erhöhung, die die Hamburger Kulturbehörde jüngst beschlossen hat, und „vor allen Dingen auch die Planungssicherheit für 2020 ein Grund zum Feiern“, sagt Julian Kamphausen. Dennoch aber sei die Differenz in der Kulturlandschaft der Stadt über die Jahrzehnte so gravierend geworden, „dass hier auch ein solcher Schritt natürlich total hilft, aber noch lange nicht heilt“. Konkret heißt das: „Die Auswahljury hätte dieses Jahr ohne irgendwelche Abstriche 25 Produktionen aus den Einsendungen zur Aufführung empfehlen können. Und nicht acht.“

Hamburg, da geht noch was. Da ist eine freie Szene mit noch mehr Potenzial, ein Festival mit starkem Wachstumswillen und einem Jubiläum, das gefeiert werden muss. Am Samstag wird „Hauptsache Frei“ eröffnet: im Resonanzraum mit der futuristisch-realistischen Tanzperformance „Ok Google“ der Costa Compagnie.

Festival „Hauptsache Frei“: Sa, 6. 4., bis Mi, 10. 4., diverse Spielorte in Hamburg. Infos und Programm: www.hauptsachefrei.de