Kommentar von Kaija Kutter über Volksinitiativen zum Pflegenotstand
: Richter müssen eine harte Nuss knacken

Die Verhandlung über die Zulässigkeit des Hamburger Volksbegehrens gegen den Pflegenotstand hatte ein überraschendes Ende. Der rot-grüne Senat beharrt darauf, dass Hamburg nicht gesetzlich regeln dürfe, was der Bund schon tat. Darauf die Replik der Anwältin der Gegenseite: Bessere Personalausstattung in Krankenhäusern ist Ländern erlaubt. Sollte der Bund dies durch sein Gesetz unterbinden, habe er verfassungsrechtlich seine Kompetenz überschritten.

Nun müssen die Richter eine harte Nuss knacken. Sie müssen entscheiden, ob es nicht doch für den Stadtstaat Spielraum für bessere Pflegestandards gibt und damit dem Senatskanzleichef widersprechen. Oder sie müssen, wenn sie der harten Auslegung folgen, dafür einstehen, dass die Länder bei Pflegepersonal gar nichts selber regeln dürfen. Und wenn sie unsicher sind, könnten sie hier sogar das Bundesverfassungsgericht um Klärung bitten.

Einheitliche Standards für Krankenhäuser, egal ob in Bayern oder in Hamburg, sind eine sympathische Lösung, wenn es gute Standards sind. Doch genau darum geht ja der demokratische Meinungsstreit. Die Beschäftigten sind mit dem Spahn-Gesetz nicht zufrieden. Auf Ebene der Länder ist die Politik druckempfindlicher. Hier können Bürger Initiativen starten. Hier gibt es einen Wettbewerb um beste Lösungen.

Und es gibt – anders als im Bund – das Instrument der Volksinitiativen. Auf diesem Weg haben in Hamburg Eltern schon vor 15 Jahren einen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung durchgesetzt. Das war teuer, aber hat der Stadt gut getan.

Die Druckempfindlichkeit der Politik wäre auch im Bereich der Kliniken nicht zum Schaden der Menschen. Es spricht einiges dafür, dass die Initiative die Verfassung auf ihrer Seite hat. Auch, dass der Senat auf die Kompetenzfrage allein nicht vertraut und Formalia bemängelt, als wollte er auf Nummer sicher gehen. Leider wird die Initiative, selbst wenn sie gewinnt, ihren Zeitplan einer Abstimmung parallel zur Bürgerschaftswahl nicht halten können. Seite