liebeserklärung
: Abitur

Die jüngste Generation zeigt sich mal wieder widersprüchlich: Einerseits werden die Noten bei der Reifeprüfung immer besser – andererseits fallen immer mehr SchülerInnen durch

Es ist ein Hauptsatz nach unserem Geschmack: Die Durchfallquoten steigen an. Damit natürlich gemeint: die Zahl derer, die ihr Abitur nicht schaffen. 2009 noch einer von 43, war das 2017 immerhin schon einer von 26 Prüflingen; das macht bei einem Durchschnittsdurchlauf von 269 Schülern pro angefangener voller Stunde um die Tausend, also etwa jeder Vierte! Immerhin müssen die Betroffenen keine Matura-Alpträume durchleben, keine Wohngemeinschaft in Großstädten suchen und auch nicht Tatsachenvermeidung auf der Rewe School for Advanced Governance studieren.

Wir neigen zum Sadomasochismus und freuen uns daher mehr noch über den zweiten Teil der Nachricht. Denn während immer mehr der jungen Dinger scheitern, mit denen wir aus der Generation Diana Kinnert nicht mal mehr den Hauch einer gedanklichen Verbindung zu verspüren geglaubt haben, schaffen auch umgekehrt immer mehr von ihnen den Abitur mit einem Eins vor das Komma. Hatten wir einst in der Schule Stifte gegen einanders Schädel geworfen oder von unseren sicher nicht homosexuellen Kameraden das Klassenbuch in die Unterhose gesteckt bekommen, herrscht heuer wieder Wettbewerb. Eine gewisse Verstärkung der Angst reißt, wohltuend wie der Schrei eines platzenden Medizinballs, aus längst wieder sich eingeschlichen habenden G9-Luschen-Lethargien; und wirkt demokratisierend, denn jeder empfindet sie.

Aber eben auch nur zu einem gewissen Grad. Während sich für die an der Reifeprüfung Scheiternden die Galaxien des freien Falls (Harnröhre, Eileiter, Ave Maria) öffnen und sie die weiten Weiten des Leids durchschreiten, um später als selbstständige Malermeister im Eichsfeld ein Hundertfaches der Reüssierenden zu verdienen, fliegen auch die, aber halt oben. Mit Bündeln von Marken-T-Shirts von aktuell unter Schülern coolen Marken wie zum Beispiel coolen Marken bewaffnet, trocknen sie ihre garantiert nicht ständig unter Wasser stehenden, fernsehen könnenden riesigen Kühlschränke, mit denen sie joviale Partys feiern und kritisch auf erderwärmt-aufgewühlten Tsunamiwellen Richtung Erfolg und Supererfolg segeln.

Viel Spaß auch dabei! Und nicht vergessen: Schule ist nicht das echte Leben. Das ist noch schöner. Adrian Schulz