„Hartmut Perschaus Schleifspur von Unterlassungen“

Der Bremer SPD-Bundestagsabgeordnete Volker Kröning wehrt sich gegen Angriffe seines Gegenkandidaten Bernd Neumann (CDU). Eine Verfassungsklage Bremens sei verfrüht, weil bisher noch kein Bremer Politiker in Berlin überhaupt über mehr Geld verhandelt habe

taz: Herr Kröning, CDU-Spitzenkandidat Bernd Neumann wirft Ihnen vor, dass Sie der einzige seien, der sich nicht um die Einlösung des so genannten Kanzlerbriefes bemüht hätte. Was halten Sie von den Vorwürfen?

Volker Kröning, SPD-Spitzenkandidat: Ich brauche Herrn Neumann gegenüber keine Bilanz als Haushaltspolitiker abzulegen, sondern nur gegenüber den Wählern – und die wissen, was ich geleistet habe. Bei der CDU ist doch von Neumann bis zum ehemaligen Bremer Wirtschafts- und Finanzsenator Hartmut Perschau eine Schleifspur von Unterlassungen zurückgeblieben. Perschau hätte etwa über den Bundesrat über eine Neustrukturierung der Einwohnerwertung Bremens verhandeln können, die Teil des Finanzausgleichs ist. Davon will die Union jetzt ablenken, weil sie nach einem Wahlkampfthema sucht.

Wie versuchen Sie, in Berlin für Bremer Interessen zu werben?

Man muss präaktiv tätig werden, bevor es Gesetzvorlagen der Regierung gibt, und dann im Parlament zu Ende verhandeln. In der Fraktion braucht man dafür Sachautorität, und die habe ich. Dazu versuche ich zum Beispiel, Bremer Unternehmen Bundesaufträge zu vermitteln, etwa in der Luft- und Raumfahrtindustrie.

Warum halten Sie eine Klage vor dem Verfassungsgericht für verfrüht, um die finanzielle Lage Bremens zu verbessern?

Ich halte es nicht für sinnvoll, von vornherein den Verhandlungsweg durch den Gang vor den Kadi zu verbauen. Wir haben politisch doch noch gar nicht angefangen, über Gesetz- oder Verfassungsänderungen zu sprechen. Man darf die Bremer Interessenvertretung nicht der Justiz überlassen. Eine Teilentschuldung Bremens lässt sich nur mit einem föderalen Pakt für die Sanierung der Staatsfinanzen und für das Wachstum unserer Wirtschaft erreichen. Dafür sollten alle Bremer Abgeordneten kämpfen, auch Herr Neumann.

Fühlen Sie sich vom Senat allein gelassen?

Unsere operative Verhandlungsbasis hat sich verschlechtert, deswegen lasse ich mich nicht für die Entscheidung des Senats verantwortlich machen. Aber ich fühle mich in der Rolle des Antreibers.

Wann wäre für Sie denn der Zeitpunkt für eine Klage?

Das lässt sich noch nicht absehen, frühestens aber Mitte nächsten Jahres.

Jetzt zweifelt Neumann an, dass die von SPD-Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe zugesagten 200 Millionen Euro für den Ausbau der Cherbourger Straße in Bremerhaven und der A 281 in Bremen kommen, weil die Summe im Bundeshaushalt nicht konkretisiert sei.

Herr Neumann hat keine Ahnung von Haushaltspolitik. Es gibt eine Prioritätensetzung, die Mittel stehen bereit, die Bescheide darüber werden noch vor der Bundestagswahl versandt – auch die für den Ausbau der B 74.

Die Bescheide gelten auch nach einem eventuellen Regierungswechsel?

Ja, das ist eine Verpflichtung der Regierung, nicht einer Person. Das Geld kommt.

Wie werden Sie künftig mit den Bremer Abgeordneten zusammenarbeiten, um viel im Bund zu erreichen?

Jeder macht seinen Job. Wir werden aber weiter kommunizieren. Wir Bremer Abgeordnete sind immer nur knapp ein Prozent des Bundestages.

Interview: Kay Müller