Auf der Suche nach dem Stil des Klubs

Trainer Bruno Labbadia und der VfL Wolfsburg haben keine gemeinsame Zukunft. Zwei gute Transfers sind Vereinsboss Jörg Schmadtke schon gelungen, nun muss er die T-Frage klären

Können sollte man schon auch mit­einander. VfL-Boss Jörg Schmadtke und sein zukünftiger Ex-Trainer Bruno Labbadia Foto: Eibner/ imago

Von Peter Unfried

Diese Woche hat Bruno Labbadia, 53, seinen Zug gemacht und verkündet, er selbst wolle nicht über das Saisonende hinaus für den VfL Wolfsburg als Cheftrainer arbeiten. Wenn man die Bedeutung seiner offiziellen Sätze freischält, versteht man in etwa dieses: Ich hole unter den Bedingungen nahezu das Optimale heraus, aber die Bedingungen sind ganz und gar nicht optimal für mich. Ihm fehle „ein konsequenter fachlicher Austausch zwischen den sportlichen Verantwortlichen“. Frei übersetzt: Unternehmenschef Jörg Schmadtke und er sind kein Team, das auf einer Linie arbeitet und sich so gegenseitig stärker macht und stützt.

Dass Labbadia das anberaumte Gespräch mit Schmadtke nicht mehr abwartete, lässt auf zweierlei schließen: Er hat seinen zuvor angeschlagenen Ruf in Wolfsburg so wiederhergestellt, dass er mit gleichwertigen Jobangeboten rechnen kann. Und es ist ihm ernst mit seinem Anspruch auf „Selbstbestimmtheit“, eine Situation, in die man als Trainer selten komme. Fast immer wird man vom Hof gejagt, wie Labbadia zur Genüge weiß. Diesmal war er schneller.

Das Heimspiel an diesem Samstag gegen Fortuna Düsseldorf ist sein 37. Ligaspiel als VfL-Trainer, der Klub ist nach zwei Jahren in der Relegation längst ohne Abstiegssorgen. Labbadia hat in seinem Jahr im Job mit seriöser Arbeit und einem Gespür für das notwendige Kommunikationsmanagement aus Trümmern solide Team- und Spielstrukturen aufgebaut. Sollte er sogar Europa erreichen, dann würde er Mitglied in einem illustren Trainerklub, der bisher nur aus Wolfgang Wolf, Felix Magath und Dieter Hecking besteht

Das alles ändert aber nichts daran, dass er bei seinen vier vorherigen Bundesligastationen (Leverkusen, Stuttgart, zweimal HSV) nur einmal mehr als zwei Jahre geschafft hat und nie den Nachweis, ein Mann für strukturellen Fortschritt zu sein. Was zugegebenermaßen die absolute Königsdisziplin für Spitzentrainer darstellt, aber ein unverzichtbarer Anspruch sein muss, wenn ein Klub es tatsächlich ernst meint mit nachhaltiger Zukunftspolitik.

Ein Trainer, der einen Stil dauerhaft prägt und sich nicht zu schnell verschleißt – das ist die entscheidende Personalie, die Schmadtke gelingen muss. Es ist wichtig, dass man gut miteinander kann, aber das hängt auch an der Frage, ob man die gleichen Leitlinien hat, die dann heruntergebrochen werden auf die Frage, welche Spieler welchen Alters und welcher Preisklasse man für welchen Fußball- und Klubstil verpflichtet.

Meist wird man vom Hof gejagt, wie Labbadia weiß. Diesmal war er schneller

Schmadtke, 55, ist seit letztem Sommer in Wolfsburg, er gehörte als Keeper zu dem Team, mit dem in den 90ern Volker Finkes SC Freiburg durchstartete. Unter Schmadtkes ersten Transfers sind mindestens zwei Volltreffer, Linksverteidiger Jérôme Roussillon (aus Montpellier) und Mittelstürmer Wout Weghorst (aus Alkmaar). Beide repräsentieren den Wunschtypus eines aufstrebenden Profis, der nicht mit Namen nach Wolfsburg kommt, sondern sich hier einen macht. Zuletzt war es umgedreht: Es kamen Profis mit Namen, die man dann vergaß. Die sitzen jetzt auf den Tribünen rum. Der Kader ist also kein Schmadtke-Kader, aber damit er es wird, ist das Reflex- oder Frust-Shopping abgeschafft. Im Winter kam niemand. Offenbar zu Labbadias Verdruss.

Wer sich nun fragt, was eigentlich die Manager von VfL-Besitzer Volkswagen umtreibt? Die Antwort ist einfach: Autos. Das war beim fußballaffinen, langjährigen VfL-Aufsichtsratschef Javier García Sanz so und dürfte auch bei seinem Nachfolger Frank Witter nicht anders sein. Deshalb delegieren sie den VfL gern an einen starken Mann wie früher Magath, Dieter Hoeneß oder Allofs und jetzt Schmadtke. Der derzeitige Fokus im Sportsponsoring von VW liegt auf der neuen Geschäftsbeziehung mit dem DFB und dessen Nationalmannschaft. Da geht es für beide, die „Mannschaft“ und VW, um Neupositionierung ihrer Marken und zwar durch „Mut zu neuen Lösungen“, wie das Markenberater nennen. Die geplanten Stellenstreichungen bei VW lassen bisher eher auf alte Lösungen schließen. Jedenfalls wird das nächste Länderspiel am Mittwoch in Wolfsburg ausgetragen.

Was den VfL angeht, so hört man von Champions-League-Ansprüchen derzeit bei VW nichts mehr oder sie gelten nur für das erfolgreiche Frauenteam. Das heißt nicht, dass das Geld zusammengestrichen worden wäre. Man schmeißt es aber, Stand jetzt, nicht mehr aus dem Fenster raus.