Esther Slevogt
betrachtet das Treiben
auf Berlins Bühnen
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Ein paar Linien der Geschichte der Deutschen und Israelis, der Juden und Palästinenser laufen in Berlin zusammen. Denn hier wurde der Holocaust beschlossen, der die Gründung eines jüdischen Staates nach 1945 beschleunigte, von den Juden als Rettung, von den Arabern als „Nakba“, also Katastrophe, empfunden. Hier leben außerdem die Nachkommen von Tätern und Opfern. Und hier hat deshalb die israelische Regisseurin Yael Ronen 2008 ihr Stück „Third Generation“ inszeniert, an der Schaubühne genauer gesagt. Damals ließ sie Deutsche und Israelis aufeinandertreffen, und zwar jüdische und arabische Israelis gleichermaßen, eben die titelgebende dritte Generation nach der Katastrophe. Die Enkelgeneration agierte damals auf ebenso schonungslose wie (aber)witzige Weise die Niederschläge der Katastrophe und Konfliktknoten aus, die den Nahostkonflikt bis heute unlösbar machen, aber auch das deutsche Dilemma mit der Schuld. Die Inszenierung provozierte, mache Spaß und wurde ein Riesenerfolg. Inzwischen sind über zehn Jahre vergangen. Neue und alte Nazis sind in Deutschland zunehmend salonfähig, die Frontlinien im Nahen Osten verhärtet. Inzwischen ist Berlin das El Dorado für viele Leute aus dem Nahen Osten geworden, jüdische und arabische Israelis etwa, die die Nase voll von ihren repressiven politischen Führungen haben. Aber auch diverse Fundamentalist*innen mischen die Stimmung hier auf. Zeit also für eine Neuauflage des Erfolgsstücks unter den Vorzeichen einer ver­änderten Gegenwart: „Third Generation – Next Generation“, diesmal im Maxim Gorki Theater, wo Yael Ronen seit 2013 Hausregisseurin ist (Maxim Gorki Theater, ab 9. 3., 19.30).

Einen ganz anderen Blick auf die Lebenswirklichkeit der Berliner*innen hat die Choreografin Sascha Waltz. Aus ihrer Sicht nämlich ist den Menschen in den Kulissen ihres Instagram-optimierten, perfekt inszenierten Lebens die Welt abhandengekommen. Die neue Choreografie „rauschen“, die in dieser Woche in der Volksbühne Premiere hat, wird nun zwölf Tänzer*innen durch die bodenlosen Zustände ihrer Existenz steuern auf dem Weg zu Enthüllung und Erkenntnis (Volksbühne: „rauschen“, ab 7. 3., 20 Uhr).

Ja, und dann wäre da noch die Jungfrau Maria, die sich nach 2019 Jahren endlich aufzulehnen beginnt gegen das sakrale Bild der reinen und duldsamen Heilandsgebärerin. Zumindest in der Performance von Teresa Vittuci „Hate me, tender!“, die in den Sophiensælen Marias queer-feministisches Potenzial herausarbeiten will (Sophiensæle: „Hate me, tender!“ 6. & 7. 3,. ­jeweils 19.30 Uhr).