Zum Schutz der Kunst

BGH stärkt KünstlerInnen gegen Willkür von Käufern

Kunstkäufer dürfen gekaufte Werke nicht nach Belieben zerstören. Das entschied jetzt der Bundesgerichtshof (BGH) und änderte damit bislang geltende Rechtsprechung. Eigentümer von Kunst können diese nun nur noch vernichten, wenn ihre Interessen Vorrang vor denen von KünstlerInnen haben. Bisher waren diese nur gegen eine „Entstellung“ ihres Werks geschützt. Ein Eigentümer durfte eine Statue also nur mit Einverständnis des Schöpfers grün anmalen. Der Eigentümer durfte diese allerdings in Stücke schlagen und als Müll entsorgen.

Damit macht der BGH jetzt Schluss. Künftig ist auch die Vernichtung eines Kunstwerks nicht mehr ohne Weiteres möglich. „Das Urheberrechtsgesetz erwähnt nicht nur die ‚Entstellung‘ eines Kunstwerks, sondern auch ‚andere Beeinträchtigungen‘ “, sagte der Vorsitzende BGH-Richter Thomas Koch zur Begründung. Auch bei der Vernichtung werde verhindert, dass der Künstler in der intendierten Weise in der Welt wirken kann.

Allerdings hat ein Künstler nun kein generelles Vetorecht gegen die Vernichtung seiner Werke. Es muss künftig vielmehr Interessenabwägung stattfinden, so der BGH. Bei Kunst, die mit einem Bauwerk verbunden ist, sollen in der Regel die Interessen des Eigentümers Vorrang haben. In anderen Konstellationen spreche es für die Interessen der Künstler, wenn das Kunstwerk ein Unikat und/oder zweckfrei ist. Dagegen haben die Interessen der Eigentümer stärkeres Gewicht, wenn das Kunstwerk zugleich einen Gebrauchszweck hat, etwa ein künstlerisch gestalteter Nussknacker.

Im ersten Fall, den der BGH zu entscheiden hatte, ging es um zwei Installationen der in England lebenden Multimedia-Künstlerin Nathalie Braun Barends, unter anderem „HHole for Mannheim“. Ihre Installationen waren von der Kunsthalle Mannheim nach einem Leitungswechsel 2012 abgebaut worden. Der BGH hatte hiergegen keine Einwände. „Ein Kunstmuseum muss seine Flächen immer wieder neu gestalten können“, sagte Richter Koch. Die Künstlerin kann allerdings auf das vertraglich vereinbarte Honorar in Höhe von rund 70.000 Euro hoffen, das sie zunächst nicht bekommen hatte (Az. 1 ZR 98/17).

Im zweiten Fall hatte der Betreiber einer Indoor-Minigolf-Anlage im Berliner Görlitzer Park eine Schwarzlicht-Installation von Subkultur-Künstlern abgebaut. Diese verlangten bislang erfolglos Schmerzensgeld. Hier forderte der BGH nun eine neue Prüfung mit Interessenabwägung (Az.: 1 ZR 15/18).

Mannheims Stadtdirektor Thomas Drosdowski warnte vor ständigen Rechtsstreitigkeiten mit Künstlern. Die Stadt hofft nun auf Hilfe vom Gesetzgeber.

Christian Rath