Staralbum
: Der Übersetzer

Seu Jorge auf der Berlinale Foto: reuters

Wenn es nach seiner Mutter gegangen wäre, wäre Jorge Mário da Silva ein Fußballer geworden. 1970, als er erst ein paar Tage alt war, nahm sie in mit ins Stadion. Die Idee war: Wenn Pelé ihnen zuwinkte, könnte das mit der Fußballkarriere klappen. Pelé aber wandte sich ab. Also wurde aus Jorge Mário da Silva einer der erfolgreichsten brasilianischen Musiker und Schauspieler. So erzählte er, der unter dem Künstlernamen Seu Jorge bekannt ist, in einem Interview mit der brasilianischen Vice.

Seu Jorge, was übersetzt Dein Jorge heißt, wuchs in einer Favela von Rio de Janeiro auf. Mit zehn Jahren begann er zu arbeiten, in einer Reifenwerkstatt, später als Tischler und Kartoffelschäler. Als sein Bruder ermordet wird, zerbricht die Familie. Seu Jorge lebt drei Jahre lang auf der Straße und die vier folgenden im Theater. Deswegen sagt er: „Ich komme vom Theater.“

In „Marighella“, dem Film von Wagner Moura, spielt Seu Jorge den Guerillakämpfer Carlos Marighella, der in den 1960er Jahren den bewaffneten Widerstand gegen die brasilianische Militärdiktatur anführte. Seu Jorge spielt ihn als würdevollen, nachdenklichen Revolutionär, seine schöne, tiefe Stimme prägt sich besonders ein.

Der Film ist ein politisches Statement. In einem Interview mit der Tageszeitung O Globo sagte der Regisseur: „Einen Film über Marighella zu machen im Brasilien des Jahres 2017 ist nicht einfach. Nicht nur ich, sondern alle, die im Film auftauchen, haben das Verlangen, von Widerstand zu erzählen. Wir reden nicht über Brasilien 1964, sondern über Brasilien heute.“ Seine Favelaerfahrung konnte Seu Jorge in einigen Rollen einsetzen, in „City of God“ oder dem zweiten Teil von „Tropa de Elite“. Er spielte aber auch Figuren wie Pelé dos Santos in Wes Andersons „Tiefseetaucher“. Für den Film hat er Lieder von David Bowie auf Portugiesisch gesungen. Vice erklärte er, warum er deren Texte übersetzt hat: „Ich bin Brasilianer, komme aus der Vorstadt. Rock hat es nicht bis dahin geschafft. Rock ist kein Genre für Schwarze, mal abgesehen von Jimi Hendrix.“

Viktoria Morasch