Kommentar Renten Kontingentflüchtlinge: Unsäglich ungerecht

Jüdische Kontigentflüchtlinge erhalten eine schlechtere Rente als Spätaussiedler. Das soll sich ändern – gut so, aber für manche fast zu spät.

Männer mit Kippa sitzen an einem Tisch. Einer reicht dem anderen etwas zu Essen. anderen

200.000 Jüdiinnen und Juden migrierten nach Deutschland Foto: Karl Mittenzwei

Tausende Juden, die zwischen 1991 und 2005 als Kontingentflüchtlinge aus den Nachfolgestaaten der Sowjetunion nach Deutschland gekommen sind, müssen sich mit der mickrigen Grundsicherung durchschlagen. Ihre Sozialversicherungsansprüche aus den Herkunftsstaaten werden bei der Rentenberechnung in Deutschland nicht berücksichtigt.

Damit sind sie gegenüber Spätaussiedlern rentenrechtlich benachteiligt. Das ist unsäglich ungerecht. FDP, Linke und Grüne fordern jetzt eine Verbesserung der Alterssicherung. Die ist überfällig: Viele der Betroffenen stehen bereits am Ende ihres Lebens. Die Bundesregierung darf daher nicht weiter Zeit verstreichen lassen. Der Härtefonds ist ungenügend, der diskriminierende Ausschluss im Rentenrecht muss schnellstmöglich beendet werden.

Als die ersten der bis heute über 200.000 in die Bundesrepublik migrierten Juden in Deutschland ankamen, schenkten sie dem Nachfolgestaat des Nationalsozialismus großes Vertrauen. Einer der Gründe für ihre Auswanderung war der sowjetische Antisemitismus. Viele, die hierherkamen, hatten Jahrzehnte zuvor selbst, als Mitglied der Roten Armee, im Kampf gegen Nazi-Deutschland ihr Leben riskiert, die meisten haben Angehörige, die von den Deutschen ermordet wurden.

Heute machen sie mit ihren Nachkommen den Großteil der hiesigen jüdischen Gemeinden aus. Es ist beschämend, dass diese Gemeinden heute von Armut geprägt sind.

An Gedenktagen erklären Politiker aller Parteien gern, welch großes Glück es sei, dass es nach der Auslöschung der europäischen Juden wieder jüdisches Leben in Deutschland gibt. Dass die Überlebenden und ihre Kinder heute häufig in Altersarmut leben, war ihnen bislang weniger Worte wert. Um ihnen ein würdiges Leben im Alter zu ermöglichen, sollte es selbstverständlich sein, dass die Lebensleistung der jüdischen Zuwanderer bei der Rente in gleicher Weise wie die der Spätaussiedler anerkannt wird.

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Bis Juni 2019 freier Mitarbeiter in den Ressorts Gesellschaft/Medien und taz.de. Themenschwerpunkte: Antisemitismus, Islamismus, LGBT-Politik und Fankultur. Jahrgang 1993.

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