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Weniger ist mehr: Wie junge Gründer sich bei Naturkosmetik aufs Wesentliche beschränken. Im Online-Shop können Kunden sich alles individuell zusammenstellen, sämtliche Zutaten sind transparent aufgelistet

Bei Naturkosmetik sollten sämtliche Zutaten biologisch abbaubar, vegan und bio-zertifiziert sein Foto: blickwinkel/imago

Von Kristina Simons

Der Blick ins Bad hat Lisa Mair und Jacqueline Gey umdenken lassen. „Körperpflegeprodukte, selbst viele Naturkosmetika, sind fast immer in Plastik eingepackt, die Zutatenlisten sind ellenlang und für den Laien völlig unverständlich. Das waren wir leid“, berichtet Lisa Mair. Der Wunsch, genau zu wissen, was in den ganzen Produkten eigentlich drinsteckt und ob die Zutaten auch haut- und gesundheitsverträglich sind, hat die beiden Frauen 2016 auf die Idee gebracht, Körperpflege und Haushaltsreiniger zum Selbermachen zu entwickeln und auf den Markt zu bringen. „Wir hatten das Gefühl, dass bei vielen Konsumenten dieses Bedürfnis ebenfalls groß ist. Dass sie nicht nur in der Küche Fertigprodukte vermeiden und selbst kochen wollen, sondern auch Drogerieprodukte selbst frisch anrühren wollen. So wissen sie ganz genau, was sie an die eigene Haut lassen.“

Vier Zutaten, mehr nicht

Im Dezember 2016 haben die beiden das Start-up Hello Simple gegründet. Der Name entstand aus der Idee heraus, alles so einfach wie möglich zu machen. „Deshalb werden sämtliche Zutaten exakt portioniert und lassen sich mit herkömmlichen Haushaltsgeräten zusammenrühren“, erläutert Jacqueline Gey. Die namengebende Einfachheit ist tatsächlich besonders an Hello Simple. Vier Basiszutaten, mehr braucht es nicht. Seit September 2017 ist www.hellosimple.de online. Es gibt Deocreme und Körperbutter sowie Waschpulver zum Selbermischen. Im Online-Shop kann man sich alles individuell zusammenstellen. Wer mag, wählt einen Duft dazu und entscheidet sich beim Waschpulver für Kernseife aus Olivenkernöl statt aus Bio-Palmöl.

Alle Sets enthalten exakt portionierte Zutaten, Rezeptkarten, Tiegel und Etiketten fürs fertige Produkt. Auch einen Geschenkkarton kann man im Online-Konfigurator auf Wunsch anklicken. Sämtliche Zutaten sind biologisch abbaubar, vegan und bio-zertifiziert. Außerdem enthalten die Produkte keine Konservierungsstoffe – da alles frisch und ohne Wasser gemischt wird, halten sie auch so mindestens ein Jahr. „Es ist uns wichtig, alles so nachhaltig wie möglich zu machen“, sagt Gey.

Da die Zutaten einzeln portioniert seien, falle natürlich erst mal mehr, aber dafür nachhaltigere Verpackung an. Um Abfall zu vermeiden, werden deshalb zum Beispiel bei der Deocreme Kokosöl und Sheabutter in den Glastiegeln geliefert, in die nach dem Zusammenrühren wieder die fertige Creme kommt. Die Papiertüten, in denen zum Beispiel Natron, Pfeilwurz und Waschsoda geliefert werden, sind ebenso wie die Geschenkkartons recycelbar. Sogar der Versand ist grün: Hello Simple nutzt DHL GoGreen. Mit diesem Umweltprogramm gleicht das Logistikunternehmen die beim Transport entstehenden Treibhausgase durch Klimaschutzprojekte aus.

Auf der Vivaness präsentieren sich jedes Jahr knapp 300 Hersteller von Naturkosmetik. Auch für junge innovative Unternehmen ist die Messe eine wichtige Bühne. Sie zeigen ihre Ideen an einem Gemeinschaftsstand in Halle 7A. Hello Simple war 2018 hier vertreten, Niyok ist es in diesem Jahr.

Auch die Idee zum Start-up Niyok entstand in einem Berliner Badezimmer. Beim Zähneputzen fragte sich Carlo Hanuszkiewicz, warum Zahnpasta eigentlich immer so viel Chemie enthält. Um das zu ändern, gründete er zusammen mit John Peitschner 2018 die Firma Niyok. Ihr Ziel: eine Zahncreme zu entwickeln, die natürlich und minimalistisch ist, ohne Abstriche bei der Funktionalität zu machen. „So haben wir dann Kokosöl als Hauptinhaltsstoff entdeckt. Das ist antibakteriell, entzündungshemmend und beugt Karies und Zahnstein vor“, erläutert Hanuszkiewicz. Auch die wenigen übrigen Zutaten sind natürlich, vegan und gesundheitlich unbedenklich.

„Ein Produkt, das man jeden Tag mindestens zweimal in den Mund nimmt, sollte weder chemische noch bedenkliche Stoffe enthalten“, so Hanuszkiewicz. Derzeit gibt es die Zahnpasta in drei verschiedenen Geschmacksrichtungen: Pfefferminze & Zitrone, Basilikum & Blutorange sowie Zitronengras & Ingwer. Die Grundrezeptur ist bei allen Sorten gleich, nur die ätherischen Öle für den Geschmack sind unterschiedlich. Auf der Rückseite jeder Tube befindet sich eine Tabelle mit den jeweiligen Inhaltsstoffen und deren Funktion innerhalb der Rezeptur. So kommt das junge Unternehmen seinem Anspruch auf Transparenz nach.

Ein weiterer Anspruch der Niyok-Gründer ist, sozial und ökologisch verantwortlich zu handeln. Deshalb strebt das Start-up langfristig eine Partnerschaft mit Kokosöl-Bauern an, deren Anbaugebiet nur dreimal im Jahr beerntet wird und nicht vergrößert werden darf. „Wir wollen unsere vollständige Wertstoffkette so nachhaltig und fair wie möglich gestalten“, sagt Hanuszkiewicz. Auch das Drumherum ist bei Niyok umweltfreundlich: Der recycelbare Tubenkörper besteht zu einer Hälfte aus Kreide (Calciumcarbonat), zur anderen aus reinem Polyethylen. Er enthält weder Weichmacher noch Lichtschutzmittel, Stabilisatoren oder Wachse. Kaufen kann man die Niyok-Zahncreme unter www.niyok.de.