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Mehr Geld für Kinder

Die Regierungschefs von Bremen und Niedersachsen sind begeistert von den Plänen ihrer Partei, eine eigene Kinder-Grundsicherung einzuführen und Familien Geld auszuzahlen

So deutlich ist Kinderarmut in Deutschland selten auf den ersten Blick zu erkennenChristian Hager/dpa Foto: Foto:

Von Reimar Paul

Die Initiative ging in der Debatte um eine Grundrente und die Abkehr von Hartz IV etwas unter: Im Rahmen ihrer sozialpolitischen Profilschärfung will die SPD auch eine eigenständige Grundsicherung für Kinder einführen. Bestehende Sozialleistungen und Steuerbegünstigungen sollen zusammengeführt werden. Insgesamt sollen Familien bis zu 620 Euro erhalten – bei höheren Einkommen weniger. Noch in diesem Jahr will die Partei ein detailliertes Konzept vorlegen.

„Wir haben über drei Millionen Kinder in der Grundsicherung, obwohl wir ein sehr wohlhabendes Land sind“, sagte SPD-Fraktions- und Parteichefin Andrea Nahles jüngst im ARD-„Morgenmagazin“. Dies sei ein „unhaltbarer Zustand“. Nahles hatte bereits im vergangenen November angedeutet, dass die Kindergrundsicherung kommen soll.

„Wir wollen eine Politik, die wirklich bei den Familien ankommt und bei den Kindern auch wirkt“, sagte sie. „Und das ist etwas, das wir deswegen bisher nicht im Griff haben, weil es verteilt ist von den Zuständigkeiten auf der kommunalen Ebene, teilweise Landesebene, Bundesebene. Und das müssen wir meiner Meinung nach besser zusammenpacken, damit es wirklich auch besser wirken kann.“

Die sozialdemokratischen Länder-Regierungschefs in Bremen und Niedersachsen sind begeistert. „Wir brauchen ein einfaches und bürgerfreundliches System, das insbesondere Kinderarmut wirksam bekämpft“, findet Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil. In seinem Bundesland werde bereits an einem entsprechenden Konzept gearbeitet. Es sei nicht einzusehen, dass eine eigentlich wohlhabende Gesellschaft bislang keine befriedigende Lösung gegen die Kinderarmut gefunden habe.

Bremens Bürgermeister Carsten Sieling, der im Mai Bürgerschaftswahlen zu bestehen hat und dessen rot-grüner Senat nach einer aktuellen Umfrage derzeit keine Mehrheit hat, nennt die Einführung einer Kindergrundsicherung „unabdingbar“. Allein in Bremen und Bremerhaven würden mehr als 35.000 Kinder davon profitieren. „Den Sozialstaat wieder stark zu machen“, sei die beste Unterstützung, die er im Wahlkampf von seiner Partei bekommen könne.

Zugleich forderte Sieling CDU und CSU auf, sich nicht gegen eine solche Grundsicherung zu sperren. „Die Große Koalition sollte sich auch Großes vornehmen, sonst braucht sie kein Mensch“, sagte er Zeit-Online. „Eine vernünftige Kindergrundsicherung wäre ein großer Wurf. Man wird sehen, ob die CDU die Kraft hat, Großes zu tun.“

Grundlage für die neue Sicherung soll der SPD zufolge das Starke-Familien-Gesetz sein, das im Januar von der Bundesregierung verabschiedet worden ist. Mit dem von Familienministerin Franziska Giffey (SPD) und Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) vorgelegten Gesetz sollen Familien mit kleinem Einkommen bessere staatliche Leistungen erhalten. So soll es einen höheren Kinderzuschlag, kostenloses Mittagessen in Schule und Kita sowie kostenlose Schülerfahrkarten geben. Giffey sagt, eine Neugestaltung des Kinderzuschlags sei „ein Fundament für eine Kindergrundsicherung“.

Kritik kommt unterdessen vom Journalisten und Autor Gabor Steingart. Kindern finanzschwacher Familien könne nicht geholfen werden, indem noch mehr Geld auf die Konten der Eltern überwiesen werde, so der langjährige „Spiegel“-Mann. Zielführender seien Mittel für frühkindliche Erziehung oder Bildungsprogramme für Kinder, glaubt er. Die SPD „denkt an die Eltern und damit an ihre Wähler“.