Koalition uneinig über Heils Reformpläne: Streit um die Rentenpläne

Union und SPD vertreten gegensätzliche Standpunkte zur „Grundrente“. Der Nutzen der SPD-Reformpläne bleibt strittig. Die CDU legte eigene Pläne vor.

Eine Straße in Brandenburg an der Havel

Im Osten würde man von den Reformplänen der SPD profitieren: Straße in Brandenburg an der Havel Foto: heiko119

BERLIN taz | Soll bei einer Aufstockung von Kleinrenten vorher die Vermögenslage der EmpfängerInnen und das Einkommen des Ehepartners überprüft werden oder nicht? Dazu können sich Union und SPD nicht einigen. Man habe bisher „die Positionen ausgetauscht“, sei sich aber nicht nähergekommen, sagte CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer in einem Interview mit dem Sender N24.

Wenn Sozialminister Hubertus Heil (SPD) darauf bestehe, dass es überhaupt keine Bedürftigkeitsprüfung geben solle, dann werde eine Einigung „sehr schwer“, so Kramp-Karrenbauer. Zuvor hatte der Koalitionsausschuss bis in den späten Mittwochabend hinein über dieses Thema gesprochen.

Heil hat ein Papier zur „Grundrente“ vorgelegt, nach der bei einer Mindestversicherungszeit von 35 Jahren kleine Renten aufgestockt werden sollen, für diese vollen 35 Jahre wären es maximal 896 Euro im Monat. Dieses Konzept sieht keine „Bedürftigkeitsprüfung“ vor, eigenes Vermögen oder Einkommen des Ehepartners werden bei der Berechnung also nicht berücksichtigt. Die Union ist auch für eine Aufstockung von Kleinrenten, besteht dabei aber auf einer „Bedürftigkeitsprüfung“, wie sie auch der Koalitionsvertrag vorsieht.

CSU-Parteichef Markus Söder warb im ZDF für eine Bedürftigkeitsprüfung mit „höheren Freibeträgen“ und der Verschonung von „selbstgenutztem Wohneigentum“. Söder verwies darauf, dass viele Menschen, die lange auf ein kleines Eigenheim gespart hätten, Angst hätten, „dass dieses Heim verpfändet werden muss“. Diese Bedürftigkeitsprüfung à la Söder wäre möglicherweise etwas weniger streng als bisher bei den Empfängern von Grundsicherung im Alter.

Reform würde vor allem dem Osten helfen

Bei dieser bisherigen Prüfung wird eine selbstgenutzte Immobilie von der Anrechnung verschont, wenn das Haus nicht zu groß ist. Nach dem Tod des oder der Leistungsempfängerin müssen Erben die Immobilie aber verkaufen und aus dem Geld die gewährte Grundsicherung zumindest teilweise zurückzahlen.

SPD-Parlamentsgeschäftsführer Carsten Schneider erklärte am Donnerstag im ZDF, die SPD wolle, dass die Betroffenen die Grundrente erhielten, ohne sich vor den Behörden „entblättern“ zu müssen.

Im Osten bekämen 83 Prozent der Frauen mit geringer Rente eine Aufstockung

Das arbeitgebernahe Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) wies am Donnerstag auf eigene Berechnungen hin, nach denen zwar knapp sechs Millionen Einzelrenten gering genug ausfielen, um die aufstockende Grundrente nach dem SPD-Konzept zu beziehen. Davon würden dann aber nur 2,8 Millionen Renten aufgestockt, weil der Rest nicht die Voraussetzung von 35 Beitragsjahren erfülle. Im Westen bekämen nur ein Drittel der Kleinrentnerinnen eine Aufstockung, von den Kleinrentnern gut die Hälfte. Im Osten hingegen profitierten 83 Prozent der Kleinrentnerinnen und 90 Prozent der Kleinrentner von einer Aufstockung nach dem SPD-Konzept, so das IW-Papier.

CDU legt einen eigenen Fünf-Punkte-Plan für Hartz IV vor

Im Westen waren viele Frauen nicht oder nur in Minijobs erwerbstätig und erfüllen daher die Pflichtbeitragszeiten nicht. Bei den Männern könnte eine Rolle spielen, dass sich unter den Kleinrentnern auch Selbstständige finden, die eben nur wenige Jahre als Angestellte arbeiteten und in die Rentenkasse einzahlten.

Die SPD hat auch ein Papier zur Reform des Sozialstaats vorgelegt, das einen längeren Bezug des Arbeitslosengeldes I vorsieht und danach zwei Jahre lang einen Bezug von Hartz IV gestattet ohne Anrechnung von Vermögenswerten.

Der CDU-Arbeitsmarktexperte im Bundestag Kai Whittaker präsentierte zu Hartz IV am Donnerstag ein eigenes Fünf-Punkte-Papier: Danach soll die Betreuung der Arbeitslosen in den Jobcentern verbessert und mehr Arbeitsanreize gesetzt werden. Wer neben Hartz IV arbeitet, soll mehr von einem höheren Verdienst behalten können. Die ersten 200 Euro Verdienst im Monat sollen jedoch voll auf die Hartz-IV-Leistung angerechnet werden. Der oder die Leistungsempfängerin hätten also nichts von einem Minijob in dieser Größenordnung. (mit afp)

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.