wie machen sie das?
: Der Selbst-
bestimmte

Klaus Mück, 51, ist querschnittsgelähmt und wird 24 Stunden am Tag von Assistenzkräften unterstützt. Er arbeitet als Informatiker in Karlsruhe und setzt sich im Verein Nitsa (Netzwerk für Inklusion, Teilhabe, Selbstbestimmung und Assistenz) für die Rechte von Menschen mit Assistenzbedarf und ihren Assistenzen ein.

taz am wochenende: Herr Mück, Sie sind rund um die Uhr auf fremde Hilfe angewiesen und führen trotzdem ein selbstbestimmtes Leben. Wie machen Sie das?

Klaus Mück: Ich definiere Selbstbestimmung ganz anders. Nicht trotz, sondern dank meiner Assistenzkräfte kann ich selbstbestimmt ­leben. Ein banales Beispiel: Wenn ich mir ein Brot schmiere, mag ich es, wenn die etwas breitere Seite einer Scheibe nach oben zeigt. Das muss ich meiner Assistenz kommunizieren – obwohl es so unwichtig scheint. Jemand anderes würde gar nicht darüber nachdenken.

Müssen Sie Ihren Tagesablauf akribisch planen?

Eigentlich muss ich nur wissen, wo die Schicht­wechsel meiner Assistenzen stattfinden, damit sie dann zum richtigen Ort kommen. Ich versuche aber auch, ­meinen Assistenzen vorher zu sagen, was ich vorhabe. Dann können sie sich da­rauf ein­stellen. Einmal habe ich vergessen, einer Assistenz zu sagen, dass ich zu einem offiziellen Event muss. Sie war nicht ent­sprechend gekleidet und fühlte sich dann nicht ganz so wohl in ihrer Haut.

Wie wählen Sie Ihre Assistenzen aus?

Ich schaue nicht so sehr auf den Lebenslauf, sondern eher, ob mir die Person sympathisch ist. Und sie sollte eine praktische Ader mitbringen. Aber ob es wirklich passt, merke ich erst mit der Zeit. Wenn es nicht funktioniert, sage ich das.

Haben Sie überhaupt Privatsphäre?

Meine Briefe lese ich immer selbst. Das kann ich ­alleine, wenn ich mir die Post öffnen oder ein­scannen lasse. Für mich ist das ein kleines Stück Privatsphäre. Da mag ich es dann auch nicht, dass mir jemand dabei über die Schulter schaut.

Werden Ihre Assistenzen zu Freunden?

Meistens entwickelt sich ein freundschaftliches Verhältnis – das ist ja auch gut, wenn wir so viel Zeit miteinander verbringen. Trotzdem unterscheide ich zwischen meinen Assistenzen und meinen Freunden.

Inwiefern?

Meine Assistenzen bekommen alles mit. Sie wissen, wann ich mich wo mit wem treffe, ob das ein Date ist oder nicht – auch Dinge, die ich im Freundeskreis erst mal nicht an die große Glocke hängen will. Sie sind in meiner Intimsphäre, in die ich meine Freunde nicht lasse. Andererseits will ich auch nicht, dass meine Freunde mir in der Pflege helfen. Selbstbestimmung heißt für mich auch, dass ich selbst entscheiden kann, wen ich wobei um Hilfe bitte. Interview: Christina Spitzmüller